Tuesday, August 03, 2004

Hermann Broch: Barbara

Novelle (1936)

Müsste man eigentlich zitieren, um es zu glauben. Sätze, die mit Pathos dahineilen und dir was von den tiefsten Tiefen der Existenz schwurbeln. Festgemacht, ganz lose, beinahe notdürftig, an einer Frau, Barbara, Doktor Barbara, der Kinderärztin und Kommunistin, an der der Ich-Erzähler und Arzt die Liebe entdeckt als Macht, die das Ich und das Du zusammenleimt zu etwas Höherem, Extatischen. Die Extase steckt in den Sätzen, die das schwurbelnd herbeifiebern. Hätte Heidegger, denke ich zwischendrin, eine Liebesschmonzette geschrieben, das klänge vielleicht so. Ähnliche Faszination auch, zwischen Belustigung ob des zusammenfabulierten Tiefsinns und Mitgerissensein von der Sprache. Satzperioden hier, die einen beinahe all den Unsinn glauben lassen und Landschafts- und Seelenbeschreibungen, die ihresgleichen gewiss suchen. Mehr Broch lesen, um zu sehen, ob das immer so geht, ob sich das in der Manier verliert. Die Atemlosigkeit, mit der diese Sätze auf eine Beobachtung oder einen Schluss zustürzen. Wie sie dort zum Halten kommen. Wortschöpfungen, wie oft ist vom „Entlösten“ die Rede. Nur ein Beispiel: „... ich wußte, daß alle Wirklichkeit der Welt im menschlichen Herzen eingesenkt ruht, versunken die Welt selber, ich wußte um die Ewigkeit im Irdischen, ich wußte von der Zeit, die durch uns rinnt, rinnt vom Ahnen des Ur-Anfangs bis zum Enkel des Ur-Endes, singend ihre der Worte entlöste Sprache, und ich wußte um eine Seinssicherheit des Wir, in deren Mittelpunkt die geliebte Frau und ihr Kind stand.“ Misogyn auf eine hochgestochene Art ist das alles auch bis zum Gehtnichtmehr.

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