Das Verhängnis des asiatischen Kinos trägt den Namen
Christopher Doyle. Der aus Australien stammende Kameramann ist nach
erträglichen Anfängen als Handkamera-Experte inzwischen berühmt
für seine schönen Bilder. "Schön" allerdings wie in "alles
so schön grün hier" oder "warum nicht mit dem Kran über das
Mäuerchen schwenken und die Figur kriegen wir auch noch unter im
Bild"-schön. Oder "schön" wie in "dann noch eine Kamerafahrt hin
zur Wand" oder "dann ist das Aquarium gut im Bild"-schön. Oder "schön"
wie in "diese Fahrt durchs Dunkle kommt sicher sehr gut" oder "die Umrisse
im Gegenlicht, das macht Effekt"-schön.
Mit "2046" hat Doyle den einst interessanten Regisseur Wong Kar-wei dazu
gebracht, einen unerträglich prätentiösen Film zu drehen.
Was passiert, wenn er dann mit einem wie Pen-ek Ratanaruang zusammenarbeitet,
der immer schon in "Last Life in the Universe" nichts zu erzählen hatte,
das aber bedeutungsschwer, mag man sich ausmalen. Nur dass es, wenn man
gefühlte drei Stunden lang davorsitzt, einfach noch schlimmer ist, als
man sich vorstellen konnte.
Der Plot, der Form halber, denn er interessiert hier keinen: Koji, der Koch
ist und Killer und ein Japaner in Hongkong, tötet die Frau seines Chefs.
Er macht mit dem Schiff eine Reise nach Thailand und begegnet dabei einer
Frau mit einem Baby, die ihm am Ende als Freundin des Chefs, den er nun
töten will, begegnen wird. Auf der Reise nach Thailand wird er von
irgendjemandem verfolgt. In Phuket stirbt Koji, aber auch wieder nicht. Er
kehrt zurück und es geht irgendwie aus, nur viel zu spät. Einer
der letzten Sätze des Helden, übersetzt aus dem gebrochenen Englisch,
das alle hier sprechen: "Es muss irgendwie enden, nicht wahr." Als hätte
Selbstironie auch nur ein Machwerk der Filmgeschichte je retten können.
Nichts zu sagen zu haben, das ist das eine. Das kommt vor. Sich aber in die
Sinnlosigkeit des eigenen Tuns zu verlieben, das, was ins Bild soll,
möglichst hübsch zu drapieren einzig des dekorativen Effekts wegen,
Dinge geschehen zu lassen, nur weil man sie irgendwie lustig findet, darunter
Ambient-Musik zu legen und das was man sieht, in immerwährenden Schummer
zu rücken, weil es dann schön "atmosphärisch" ist - all das
erfüllt den Tatbestand des Unverzeihlichen.
Christopher Doyles Kamera geht es niemals darum, eine Szene aufzulösen
im Sinne der Herstellung einer Beziehung von Raum und Figur, im Sinne eines
Interesses an möglichen Wirklichkeiten. Er will nur totgeborene
"schöne" Bilder, in denen sich Vorder- und Hintergründe als Muster
zueinander verhalten, nichts sonst. An die Stelle des Denkens in Bewegungs-Kadern
tritt der Einfall, den man halt hat, der Schwenk, der nichts bedeutet. An
die Stelle des filmischen Raums tritt das Unterwasserfarbige eines Bildkonzepts,
das mit der Geschichte, den Figuren in rein beliebiger Verbindung steht.
Kurz gesagt: Es gibt auf der Seite keines Beteiligten auch nur das mindeste
Erkenntnisinteresse an der Wirklichkeit der Welt oder an Möglichkeiten
des Films.
"Invisible Waves" ist deshalb nicht nur geradezu betäubend langweilig,
es handelt sich hier schlicht um Kino in seiner verabscheuungswürdigsten
Form.
zur Jump Cut Startseite |