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Jump Cut Filmkritik
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Magazin für Film & Kritik

 
Ron Fricke: Baraka (USA 1992)

 

Anbieter: Atlantis Film im Vertrieb von Al!ve

VÖ: 29.03.2004

Regie: Ron Fricke

Darsteller: -

 

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DVD-Informationen
Ron Fricke: Baraka (USA 1992)

Dass Regisseur Ron Fricke dereinst bei Koyaanisqatsi für Kamera, Schnitt und Drehbuch verantwortlich zeichnete, sieht man Baraka natürlich in jeder Sekunde an. Hier wie dort bewegt man sich im Spannungsfeld von Dokumentar-, essayistischem und inszeniertem (Spiel-)Film und regt mit oft atemberaubend schönen Bildern zur Meditation an. Die Frage, inwiefern sich ein solches ideales Rezeptionserlebnis ohne den Kinosaal und dessen Bedingungen einstellt, mag berechtigt sein, doch strahlt der Film auch noch auf dem heimischen Fernsehgerät eine kontemplative Ruhe aus, die den Gedankengängen förderlich ist.

Baraka ist über mehrere Monate hinweg und rund um den Globus entstanden. Ein festes Drehbuch gab es nicht, nur ein Treatment, eine Absichtserklärung also gewissermaßen. Die Motive fand das Team auf mehreren Reisen rund um die Welt, Bilder wurden vor Ort konzipiert und eingefangen, der Film selbst entstand schließlich erst in der Sortierung durch die Montage in den heimischen Studios. Von Koyaanisqatsi unterscheidet man sich dann aber doch. Nicht nur verleiht die zwischen sphärischen Klängen, Industrial-Soundwänden und beatlastigen Ethno-Tracks pendelnde Musik von Dead Can Dance dem Film ein anderes Timbre als die repetitive minimal music von Philip Glass, auch die Dramaturgie der Montage will sichtlich auf anderes hinaus. Während in Koyaanisqatsi die dramaturgische Ausarbeitung der Gegensätze Natur-Kultur (und vielleicht noch: Industrie) beinahe schon spielfilmartigen Charakter annimmt, entspricht Baraka eher einem breit angelegten Panoramablick im 70mm-Format, der unterschiedliche Kulturen und deren Ungleichzeitigkeiten, wie auch die unterschiedlichen Landschaften der Erde in sich aufnimmt; eine Steigerung, wie Koyaanisqatsi sie entwickelt, um zunehmend eine apokalyptische Stimmung aufzubauen, liegt hier, trotz einiger aufwühlender Elemente (etwa die Umstände in einer tierverarbeitenden Fabrik), kaum vor. Eher geht es um spontane Assoziationen, oder aber auch schlicht um ästhetischen Genuss.

Dass Baraka sich hierfür der grundlegenden filmischen Mittel zur Verfremdung bedient, ist naheliegend. Jede Aufnahme ist, wiewohl quasi dokumentarisch, durchkomponiert; die Kamera steht, dem Bild unterworfen, stets millimetergenau und mit Zweck an ihrer Stelle. Manipulierte Aufnahmegeschwindigkeiten lassen beispielsweise Wolken in Sekundenschnelle über weite Steppen flitzen oder charakterisieren den Stop-And-Go-Verkehr westlicher Metropolen als amüsante, dann aber auch als bedrohliche Angelegenheit. Diese Vorgehensweise dient jedoch nicht allein dem "schönen Bild" oder gar einem inhaltsleeren Ästhetizismus, sondern entspricht zuweilen jener Tradition von Filmverständnis, die in den filmischen Mitteln eine Möglichkeit zur Untersuchung von Realität sieht, die sich dem blanken Auge im Alltag nicht erschließt. In seinen besten Momenten - gerade in jenen Bildern der Metropolen - emanzipiert sich Baraka deshalb vom bloßen Bild und eröffnet anhand seiner optischen Mittel - vielleicht einem Mikroskop nicht unähnlich - einen neuen Blick auf die vermeintliche Natürlichkeit bekannter Alltagsstrukturen. Diese Ebene vermisst man allerdings ein wenig während der Sequenzen, die indigene Kulturen zeigen: Hier ist der Blick, was auch mit den Kompetenzen der hiesigen Zuschauer zusammenhängen mag, beinahe schon ein exotistischer und, beispielsweise, weit von dem um Verständnis und Kommunikation bemühten Blick in den Filmen Werner Herzogs entfernt. Die Naturaufnahmen schließlich bedienen über weite Strecken eine blanke Mystik. Das kann man nun schätzen oder auch nicht - auf jeden Fall sieht es, ohne Zweifel, sehr schön aus.

Ein solcher Film bedingt natürlich eine bildqualitativ besonders überzeugende DVD. Und bis auf die gelegentlich etwas "schwachen" Schwarzflächen (die man mit dem Fernsehregler ausgleichen kann) hat man hier hervorragende Arbeit geleistet. Das Bild ist bemerkenswert rauschfrei und erfreulich detailscharf. Auch die Tonuntermalung fällt glasklar und dynamisch aus, so dass ein entspanntes Filmerleben auch ohne Leinwand garantiert werden kann. Das Zusatzmaterial entspricht gängigen Standards und macht Sinn: In einem interessanten Making-Of beleuchten die Macher den nicht selten abenteuerlichen Entstehungsprozess des Films. Gerade im Kontrast mit dem eigentlichen Film nimmt sich schließlich ein knappes Behind the Scenes Feature recht spannend aus: Nicht nur wird in den groben Aufnahmen von den Drehplätzen die Rolle der Kamera und ihrer Technik für den fertigen Film bewusst, es zeigt sich auch, wie stark Film im Allgemeinen und dieser im Besonderen ästhetisch zu überhöhen vermag. In einigen Interviews kommen schließlich nochmals die Beteiligten zu Wort, um ihre Anliegen und ihre Einschätzung des Films zu äußern.

Alles in allem: Eine gelungene Edition, die Freunden des Films ohne weiteres empfohlen werden kann.

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Technische Details

Bild: 2,35:1, 16:9 anamorph
Ton: Musik (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: keine
Regionalcode: 2 / PAL
Laufzeit: ca. 92 Min.

Zusatzmaterial

Making Of, Behind the Scenes, Interviews, Trailer

(Thomas Groh)