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Jump Cut Filmkritik
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Magazin für Film & Kritik

 
Mario Bava: Hatchet For the Honeymoon  (Italien/Spanien 1969/70)

 

Anbieter: Koch Media Home Entertainment

VÖ: 18.02.2004

Regie: Mario Bava

Darsteller: Stephen Forysth, Dagmar Lassander, Laura Betti, u.a.

 

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DVD-Informationen
Hatchet for the Honeymoon (Italien/Spanien 1969/70)

Im Gegensatz zu Dario Argento, den man (auch wenn er das gerne von sich weist) in vielerlei Hinsicht als dessen Schüler bezeichnen darf, harrt das Werk von Mario Bava noch der Entdeckung auf breiter Ebene. Von einem eingeschworenen Zirkel zwar hochverehrt, sind seine Filme heutzutage nahezu vollkommen aus der Wahrnehmung verschwunden. Auch die bislang nicht sonderlich erquickliche Editionslage mag dazu beigetragen haben: Nur wenige Titel seiner Filmografie, die vom Giallo, der spezifisch italienischen Ausformulierung des Krimi- und Thrillerkinos, über Western, Science Fiction, Horror und Sandalenfilme die gesamte Spannbreite der Blütezeit des italienischen Genrekinos umfasst, sind hierzulande verfügbar. Umso erfreulicher ist es, wenn dieser bislang spärlichen Auswertung ein kleines Mosaiksteinchen hinzugefügt wird, ein qualitativ recht hochwertiges obendrein.

Wobei anzumerken ist, dass mit Hatchet for the Honeymoon nun vielleicht nicht unbedingt der idealste Einstieg in Bavas Filmografie seinen Weg auf DVD gefunden hat, wenngleich sich doch nahezu alle Motive und Eigenheiten seines filmischen Schaffens hier versammelt finden. Eher schon orientiert sich die narrativ sehr offene Gestaltung, die Vernachlässigung von Plausibilität und schauspielerischem Können zugunsten vor allem der rein optischen Ebene an bereits Bava-feste Filmenthusiasten, die diese für weite Teile des Publikums sicher sperrigen Elemente, die gewiss auch der spezifischen Situation der Produktion kommerzieller Filme im italienischen Studiosystem der späten 60er Jahre geschuldet sind, einschätzen und einordnen können. Auf recht assoziative Art und Weise wird die Geschichte von John Harrington erzählt, dem Inhaber eines Pariser Modesalons für Brautkleider, der eher geringen Gewinn abwirft.

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Auf dem Anwesen seiner wohlhabenden Gattin Mildred ist ihm dennoch ein Leben in Luxus und Annehmlichkeiten möglich, auch wenn die Ehe bestenfalls in Scherben liegt. Von Beginn an wird zudem klar, dass John erhebliche psychische Probleme hat: Die ersten Sequenzen, die bereits Bavas Betonung der rein optischen Ebene veranschaulichen, zeigen ihn beim Mord eines jungen, frischverheirateten Pärchens. Als er sich daraufhin dem Publikum per Offkommentar vorstellt, räumt er frank und frei ein, paranoid und psychisch gestört zu sein. Er könne sich darüber aber gut amüsieren. Umgetrieben wird er von Erinnerungsfragmenten, die er kaum zu deuten und einordnen vermag, doch gelangt er schnell zu der Erkenntnis, dass mit jedem Mord an einer Braut sich das Puzzle ein wenig lüftet. Ein Kommissar ist dem Vorläufer des "American Psycho" aus den frühen 70er Jahren bereits dicht auf den Fersen.

Wer einen Krimi erwartet, kann hier nur enttäuscht werden. Schon von erster Minute an ist klar, dass der kriminologische Aspekt der Handlung keine weitere Beachtung finden wird: Der Mörder steht von Beginn an fest. Auch der Umkehrschluss ist nicht möglich: Wie sich die Schlinge schlussendlich zuziehen wird, die Polizei dem Mörder auf die Schliche kommt, spielt keine Rolle: Der polizeiliche Ermittler scheint von Beginn an auf ganz natürliche Weise zu Harringtons Leben zu gehören und dringt nicht erst sukzessive in dieses ein. Nein, Bava formuliert hier die Vorgaben des Giallo, den er mit The Girl who knew too much vorskizzierte und nur wenig später mit Blutige Seide auf den Punkt brachte, konsequent aus, indem er das Geschehen radikal subjektiviert, das "schöne Morden" - eine der Grundkonstanten des Giallos - wie auch den psychopathologischen Geist dahinter zum eigentlichen und bestimmenden Element des Films ernennt. Nicht zuletzt die Tatsache, dass an einer Stelle des Films im Fernsehen einige Szenen aus Bavas Die drei Gesichter der Furcht, eine gotisch-gruselige Kurzgeschichtenanthologie, zu sehen sind, charakterisiert Hatchet als eine Art Meta-Bava: Auch der Umstand, dass Harrington zum Ende hin von einer Geisterscheinung seiner im Verlauf ermordeten Ehefrau in den Wahnsinn getrieben wird - eine Schnittstelle also zwischen Bavas Gialli und seinen stets auch von Poe und Corman inspirierten Gruselfilmen, die sich in Blutige Seide zumindest auf ästhetischer Ebene bereits andeutet -, lässt ähnliche Schlüsse zu. So finden sich, neben der wie stets exquisiten Kameraarbeit, die hier ihr Heil vor allem im exzessiven Gebrauch der Raumverzerrung des Widescreenformats sucht, und der expressiven, kunterbunten Farbgebung noch zahlreiche andere Motive wieder: Die surreal dem Geschehen enthobene Sequenz etwa, in der Harrington seine sorgfältig low-key ausgeleuchteten Ansteckpuppen vor alteuropäischer Kulisse umgarnt und betört, könnte in ähnlicher Form auch in Blutige Seide zu sehen sein. Wie überhaupt die latente Künstlichkeit in der Charakterisierung der verschiedenen Figuren - mehrmals werden die Menschen und die Puppen mittels der Montage zueinander in Bezug gesetzt -, wie auch deren Befangenheit in ihrer Umgebung, durch die Gegenstände, die sie Zeit ihres Lebens angehäuft hatten, bei Bava auch immer eine Rolle spielen. Gerade die bisweilen mehr als hölzernen Darbietungen der Darsteller unterstreichen diesen Effekt noch und gehen, wenngleich sicher auch dem Budget geschuldet, ohne weiteres auch als künstlerisches Konzept der Filmgestaltung durch.

Unterm Strich stellt Hatchet for the Honeymoon eine kleine Entdeckung des italienischen Genrekinos dar, die Bava-Fans ohne weiteres das Herz in der Brust höher schlagen lassen sollte. Ein, trotz seiner Thematik, sehr entspannender, oft geradezu traumgleich vor sich hin plätschernder Film vor mondäner Kulisse mit vielen optischen Finessen, die selbst aus den Schwächen der Produktionsbedingungen noch Gewinn schlagen. Wer sich an diesen außergewöhnlichen Filmemacher des italienischen Kommerzkinos noch herantasten muss, ist indes gut damit beraten, Hatchet for the Honeymoon erst nach dem Umweg über ein paar andere, etwas leichter goutierbare Filme aus Bavas reicher Filmografie zu sichten.

Auch die DVD selbst gibt im übrigen Grund zu Freude. Wie immer bei Koch Media stilecht eingekleidet und rein äußerlich somit hübsch anzusehen, geben auch die inneren Werte keinen Grund zur Klage. Bavas Film liegt in einer atemberaubenden Bildqualität vor, die durch ein detailscharfes Bild, satte Farben und hohe Kontrastwerte dem optischen Leckerbissen Hatchet for the Honeymoon eine wichtige Basis liefert. Auch wenn die deutsche Synchronisation mitunter etwas steif und steril klingt, lässt auch der rauschfreie, dynamische Ton keine Wünsche offen. Alleine vielleicht die Extras hätte noch etwas großzügiger ausfallen können: Der Kinotrailer und eine kurze Fotogalerie mit Stills aus dem Film ist nicht gerade atemberaubend. Immerhin aber liegt der DVD noch ein 4seitiges, schick gestaltetes Booklet (eher ein Faltblatt) bei, in dem Uwe Huber wieder Wissenswertes und Hintergrundinformationen zum Film zum Besten gibt. Ein rundum mehr als solider Release, der eine weitere Lücke in der hiesigen Editionslage zu Mario Bava schließt und sich ohne weiteres an die bisherigen, qualitativ ähnlich überzeugenden Veröffentlichungen aus dessen Filmografie einzureihen vermag. Um Nachschlag wird natürlich händeringend gebeten!

Technische Details:

Bildformat: 1,66:1

Sprachen: Deutsch, Englisch (Mono 2.0)

Untertitel: -

Regionalcode: 2

Zusatzmaterial:

Trailer, Fotogalerien

(Thomas Groh)