Náufragos - Gestrandet (Spanien 2002)
"Verschollen im Weltraum", Version 2003: Kurz vor der Landung auf
dem Mars verunglückt eine bemannte Raumsonde und strandet auf dem roten
Planeten. Nach kurzer Bilanz steht fest: Die zur Verfügung stehenden
Ressourcen reichen für die fünf Überlebenden kaum aus, um
die Zeit bis zum möglichen Eintreffen eines Rettungsteams zu
überbrücken, wiewohl allerdings maximal zwei Astronauten unter
gleichen Bedingungen eine Chance hätten. Schnell hat man die Mannschaft
unter rigiden ökonomischen Gesichtspunkten in Privilegierte und
Glücklose unterteilt: Auf ihrem trostlosen letzten Weg über die
Marsoberfläche entdecken letztere indes die Überbleibsel einer
alten Zivilisation ...
Der sichtlich an jüngste Marsfilme wie Mission To Mars (USA 2000),
Red Planet (USA 2000) und Ghosts of Mars (USA 2001) angelehnte Film steht
sich trotz aller vorhandenen Ambition mit einem unausgegorenen Drehbuch und
grundsätzlichen Unsicherheiten gegenüber der eigenen Konzeption
selbst im Wege. Zwar im internationalen Presseheft als "realistische Science
Fiction" angekündigt, die von 2001 - Odyssee im Weltraum (GB 1968) und
Lautlos im Weltraum (USA 1972) vorgegebene Traditionslinien fortführe,
verliert man sich nach der an sich reizvollen Grundsituation des Szenarios
in einer weitgehend kitschigen Alien-Entdeckungsreise, die sich im naiven
Staunen über die bloße Existenz außerirdischer Zivilisationen
bereits erschöpft. Eigentlich interessante, vor allem aber
ausbaufähige moralische Grundfragen wie die Unterteilung der
Überlebenden in auch weiterhin Überlebende und bedauernswerte Opfer
der Umstände (und ob es denn überhaupt vertretbar sei, unter solchen
Bedingungen die Menschen einzuteilen) oder aber auch die personelle
Zusammensetzung der in der Sonde Zurückbleibenden werden beinahe schon
sträflich leichtsinnig über Bord geworfen und nehmen in der Geschichte
gerade mal wenige Minuten für sich aus. |
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Auch das mögliche Verhalten der durch diese mörderische
Kalkulation hindurch Fallenden wird nicht gewinnbringend genutzt: Diese ergeben
sich, nach wenigen Alibitränen, glatt entspannt ihrem Schicksal, als
gäbe es die Leben beim Discount an der Ecke im Dutzend billiger. Wie
überhaupt die Charaktere seltsam blass bleiben und allesamt eher wie
schnell auf der Straße für einen Raumflug angeworben wirken, nie
aber wie die professionellen Astronauten, die man angesichts des postulierten
Paradigmas einer "realistischen" Science Fiction erwarten könnte. Die
teils grob hölzern agierenden Darsteller - selbst Vincent Gallo bleibt
weit hinter seinen sonstigen Leistungen zurück -, denen das Drehbuch
obendrein noch zum Teil höchst undankbare Zeilen wie man sie höchstens
in einem mittelmäßigen Hörspiel erwarten würde in den
Mund legt, verstärken dieses Gefühl der gähnenden konzeptuellen
wie inhaltlichen Leere zusehends. Dem kommt schließlich, als finaler
Todesstoß, die bisweilen ungelenke, bisweilen peinliche Synchronisation
mit Bonmots wie "Der geheimnisvolle Planet birgt viele Geheimnisse in sich!"
zu Hilfe. Nein, hier hilft alles Wohlwollen nichts: Náufragos - Gestrandet
ist ein, zugegeben, auf hohem technischen Niveau inszenierter Trashfilm,
ohne aber den naiven Charme eines eben solchen. Die bislang recht ruhmreiche
Geschichte des phantastischen Films aus spanischen Landen, der dort doch
eigentlich seit Jahren Konjunktur hat und in jüngster Zeit vermehrt
mit so skurril-abseitigem wie inspiriertem auf diversen Filmfestivals brillieren
konnte, wird durch dieses einzige Missgeschick leider nicht
fortgeschrieben.
So sehr man sich über den Film auslassen könnte, so wenig
gibt es an der DVD als solche zu meckern. Hier wurde rundum saubere Arbeit
geleistet: Bild und Ton lassen kaum Wünsche übrig und bewegen sich
auf hohem Niveau, ohne freilich bisherige Referenzen in Frage zu stellen.
Das Zusatzmaterial schließlich kann sich mehr als sehen lassen, man
wünscht sich fast ähnliche Sorgfalt auch für andere (will
meinen: bessere) Filme. Hier hat man ein regelrechtes Archiv geschaffen:
Neben zahlreichen Presseausschnitten (allerdings aufgrund der
Bildschirmauflösung kaum lesbar), findet man das internationale Presseheft
(welches mit ähnlichen Problemen der Lesbarkeit zu kämpfen hat),
das sehr hübsch anzusehende Kinopromomaterial und Interviews mit den
Beteiligten (allerdings muss man, was schmerzt, auf Exzentriker Gallo verzichten,
der diesen Film vermutlich eh nach dem letzten Drehtag vergessen hat). Weiterhin
gibt es nicht nur ein Making Of zum Film, sondern auch ein extra für
diese DVD produziertes zur deutschen Synchronisation, wobei in diesem allerdings
der Interviewer von Zeit zu Zeit mit einem bestätigendem "Ja" oder "Ach
so" zu hören ist. Dies wirkt ein wenig unprofessionell. Interessant
sind aber vor allem die Ausschnitte aus den verschiedenen internationalen
Fassungen, die sich lediglich im Bildformat unterscheiden: Hier bekommt man
recht anschaulich vor Augen geführt, wie viel Gewalt einem Film durch
Verzerrung des Bildaussschnitts (etwa für eine Vollbildversion) angetan
wird. Glücklicherweise liegt der Film auf der DVD im Originalkinoformat
vor. Ein paar obligatorische Dreingaben wie Trailer, Biografien, Slideshows
und Bildergalerien sowie eine kleine Erläuterung der Raumfahrttechnik
für den physikalisch versierten Science-Ficton-Nerd runden das reichhaltige
Bonusmaterial gelungen ab. Trotz einiger Schwächen im Detail sollte
eine solche Fülle an Zusatzmaterial auch bei der Konkurrenz Schule machen.
Und zum Ausgleich dreht Regisseurin Luna, die im übrigen auch die Hauptrolle
übernommen hat, in Zukunft einfach bessere Filme. |
Technische Details:
Bild: 1:2,35 (16:9 anamorph)
Sprachen/Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1, Dolby Digital 2.0, dts)
Untertitel: Deutsch
Regionalcode: 2
Zusatzmaterial:
Trailer, Slideshow, Int. Presseheft, Interviews, Making Of, Making
Of Synchro, Special zur Raumfahrttechnik, Galerie Luna, Filmografien, Ausschnitte
aus den internationalen Fassungen, Kinoaushangmaterial, Trailer zu anderen
Filmen
(Thomas Groh) |