"Baytong" beginnt mit einem Knall, mit dem Drama um einen
Terroranschlag, dem Verlust einer Mutter, dem Vorspann, der sich als Vehikel
erweisen wird, um die Geschichte in Gang zu bringen. Doch ist diese Beschreibung
nicht ganz fair. Denn so wenig zunächst der Terrorismus und die
Tragödie die Geschäftsgrundlage der Erzählung, so sehr sie
zunächst nur Voraussetzung scheinen wollen für die Fabel vom
Mönch, der das Leben der Moderne kennenlernt, so sehr ist die Manier
erfreulich, in der "Baytong" dann doch auf die mit dem Beginn angeschlagenen
Themen zurückzukommen bereit ist. Der Komödienton, der viele der
Erlebnisse des Mönchs, der kein Mönch mehr ist, ins Heitere
transponiert, bleibt von buddhistischen Lebensweisheiten bis zum Ende
kontrapunktiert. Und zwar ganz im Ernst, das macht den Film, der zwischendurch
ein wenig in Richtung Klamotte unterwegs scheint, zunächst einmal sehr
schätzenswert.
Der Mönch Tum ist nicht weniger als eine nationale
Selbstverständigungsfigur, Verkörperung einer Gesellschaft zwischen,
um es mal ganz abgeschmackt zu formulieren, Tradition und Moderne. Das
Verhältnis wird von der Tradition her gedacht, das Projekt ist eines
der Versöhnung. Tum lernt Radfahren (das zeigt schon, aus welch weiter
Ferne er kommt), Tum lernt Genießen, Tum lernt, schmerzlich (Nonzee
Nimibutr hat offensichtlich "Alle lieben Mary" gesehen), den Umgang mit
Reißverschlüssen und nicht zuletzt lernt Tum die Liebe kennen.
Es geht also, zum einen, um die Aufgabe des zuvor Gelernten, Anpassung und
Offenheit. Umgekehrt aber fordert der Film nicht das Über-Bord-Werfen
der weltfremden Lebensklugheit, die in den buddhistischen Lehrbüchern
steht. Die Perspektive, aus der er erzählt wird, ist, könnte man
sagen, die der Weisheit eines ehemaligen Mönchs. Nicht die eines zum
Renegaten gewordenen Traditionsflüchtlings, sondern die eines von
buddhistischen Werten durchdrungen gebliebenen modern Gewordenen.
Bliebe die Frage, ob sich eine Hals über Kopf in den Kapitalismus
gestolperte Gesellschaft dergleichen Geschichten erzählen lässt.
Oder eher: Ob der seltsame Onkel Tum hier nicht doch eine Witzfigur bleibt
- gegen die Intention des Films - als einer, dessen Ernst mit Nachsicht zu
behandeln, dessen Ungelenkheit als unheilbar zu betrachten wäre. Ob
nicht die Versöhnung als Traum die reine Ideologie ist und gerade als
solche von einer Gesellschaft, die sich solche Geschichten, aber nicht solche
Versöhnungszumutungen gerne bieten lässt, freudig akzeptiert wird
als Kompensation für ein den Alltag in der Stadt bestimmendes herzliches
Desinteresse an Mönchen und ihren Weisheiten (und auch für
Versöhnungszumutungen zwischen in politischem Hass gegeneinander stehenden
Religionen). Das sind natürlich Fragen, die nur beantworten kann, wer
Thailand kennt. Es sind allerdings Fragen, die sich angesichts derartiger
Märchen, so schätzenswert sie in ihrer Grundhaltung sein mögen,
stellen, und zwar genau deshalb, weil auch ideologische
Kompensationszusammenhänge längst globalisiert sind.
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