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Paul Freixa: Deadly Cargo (Spanien 2004)

Kritik von Stefan Höltgen 

Irgendwie weckt der amerikanische Verleihtitel falsche Vorstellungen: Es geht nicht um eine tödliche Fracht in „Cámara oscura“ (so der spanische Originaltitel von Pau Freixas Hochsee-Thriller). Im Gegenteil: Die „Fracht“ des Containerschiffs ist es, die vom Tode bedroht ist. Denn als die sechs Hobby-Taucher auf dem offenen Meer Schiffbruch erleiden und sich auf ein vorbeiziehendes Containerschiff retten, ist ihnen bereits klar, dass es an Bord von Mördern wimmelt. Vom Wasser aus haben sie nämlich dabei zusehen müssen, wie zwei Passagiere (der Kapitän verdingt sich nebenher als Menschenschleuser) mit dem Messer ermordet und über Bord geworfen wurden.

Die Ereignisse in „Deadly Cargo“ überschlagen sich also schon von Beginn an und der Film gönnt seinen Zuschauern wirklich keinen Moment der Besinnung. In brachialem Tempo werden die beiden Gruppen in den Konflikt gegeneinander geschickt, wird die Anzahl der lebenden Figuren Zug um Zug reduziert - und zwar jedes Tabu missachtend! Die Mörder bleiben dabei zu keiner Zeit anonyme Figuren. Im Gegenteil: Der Konflikt, der zwischen der Besatzung und dem psychisch recht derangierten Kapitän herrscht, eröffnet recht bald eine zweite Front. Man könnte also meinen, Freixas Film sei eine echte Bereicherung und Ergänzung des Meeres-Thrillers und macht solche Fehltritte wie den letztjährigen „Open Water“ wieder wett.

Doch auch „Deadly Cargo“ hat gravierende Makel. Die zeigen sich vor allem im Verhalten der sechs Schiffbrüchigen, die vom Drehbuch mit geradezu fataler Blindheit geschlagen von einem Handlungsfehler zum nächsten gezwungen werden. Unrealistisches Verhalten wechselt sich mit wenig nachvollziehbaren Motiven ab: Die sechs schicken einen von ihnen los, um sich der Schiffsbesatzung zu stellen, weil diese den Verdacht hegt, jemand sei an Bord. Sie geben ihm ein Funkgerät mit, damit sie über seinen „Status“ auf dem Laufenden bleiben - ganz so, als wäre es nicht an einem Finger abzählbar, dass die Entdeckung des Funkgerätes die Mörder zu dem Verdacht verleiten könnte, dass es noch ein zweites Funkgerät und damit noch mehr blinde Passagiere gibt. Von derartigen Patzern wimmelt die Erzählung des Films - und wären es nicht gerade solche Momente, die die Thriller-Handlung voran treiben, könnte man das fast verzeihen.

So bleibt „Deadly Cargo“ aber leider nicht mehr als zwar sehr spannendes und trickreich inszeniertes aber gerade wegen seines schlecht ausgefeilten Plots ärgerliches Thriller-Kino. Die zentrale Idee schien der motivierende Faktor für die Produktion gewesen zu sein. Von der war man wohl derartig eingenommen, dass man glaubte, den übrigen Details nur noch untergeordnete Beachtung schenken zu müssen. Wirklich Schade, denn „Deadly Cargo“ hätte das Zeug zu einem sehr guten Film gehabt.

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