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Hermine Huntgeburth: Die weiße Massai (D 2005)

Von Ulrike Mattern 

Bei Romanzen, die sich vor exotischer Kulisse entfalten, ist Vorsicht geboten. Allzu leicht rutscht die Erzählung ins Klischee einer perfekt gestylten Fremde ab. Natur, Kultur und die Bevölkerung eines Landes werden zu Statisten unserer Wunschvorstellungen degradiert. Die weiße Frau und der afrikanische Krieger – diese Variante einer Love-Story in der staubigen kenianischen Einöde, von der Corinne Hofmann in ihrem 1998 veröffentlichten Bestseller „Die weiße Massai” aus eigener Erfahrung berichtet, hätte in der filmischen Adaption voll daneben gehen können.

Dass der Film trotz heftig trommelnder Beschallung durch die Musik (Niki Reiser) nicht in der pittoresken Darstellung afrikanischer Folklore verharrt, ist der Regie (Hermine Huntgeburth) und einer authentischen Hauptdarstellerin zu verdanken. Carola (Nina Hoss) ist eine geerdete Heldin, die mit ihrem Freund Stefan (Janek Rieke) Ferien in Kenia macht. Am weißen Sandstrand blinzelt sie von einem akkurat ausgebreiteten Badtuch in das grelle Sonnenlicht. Im Hintergrund ziehen Palmen eine Linie, die zur schiefen Ebene kippt. Die Auszeit vom Alltag ist vorüber. Das Paar aus der ordentlichen Schweiz unternimmt einen letzten Ausflug in den Trubel von Mombasa.

Auf der Fähre weist Stefan seine Freundin auf eine beeindruckende männliche Erscheinung hin: „Da ist ein Massai.” Ein entscheidender Moment, in dem Carola ihren Blick auf den sehnig-muskulösen Körper von Lemalian (Jacky Ido) in traditionellem Schmuck richtet. Dann bricht die Liebe aus. Sichtlich. Es hätte der anschwellenden Musik nicht bedurft. Man erkennt es an Carolas Augen, ihrem angestrengten, etwas schiefen Mundwinkel, an der perplexen Körperhaltung. Sie ist berührt, und es geschieht etwas mit ihr. Unbewusst. Unkontrolliert. Das ist kitschig anzuschauen, erklärt aber, was danach scheinbar ohne Sinn und Verstand, aus emotionaler Impulsivität folgt.

Carola lässt ihren Freund allein in die Heimat fliegen. Beim Check-in am Flughafen teilt sie ihm mit, dass sie bleibt. Sein verletzter Stolz formuliert den vernichtenden Satz: „Dir geht es doch nur ums Ficken.” Eine Odyssee beginnt. Carola begibt sich auf ihre einsame, verschwitzte Tour durch die unbekannte Welt Afrikas. Naiv erzählt sie einer Mitreisenden im Bus von ihrer Fährtensuche nach einem Mann. Die Botschaft wird rumerzählt. Alle machen sich lustig über die Weiße, die nach dem Massai Ausschau hält.

Afrika ist kein Ort für sie, das vermittelt ihr die Deutsche, die sie an der ersten Etappe trifft. „Was du willst, ist hier nicht so wichtig”, bringt es die desillusionierte Elisabeth, die von Katja Flint gespielt wird, auf den Punkt. Es sind die Männer, die alles bestimmen, natürlich auch das Ritual der Brautschau. Carola wartet bei Elisabeth auf ihren Krieger, der sich Zeit lässt. Als er endlich kommt, um sie zu holen, läuft es anders ab, als sie es sich in ihren romantischen Tagträumen vorgestellt hat. Aber sie unterdrückt Tränen, bleibt an seiner Seite und folgt ihm in die dornige Steppe.

Vier Jahre hat Corinne Hofmann in Kenia gelebt. Sie hat ihre große Liebe geheiratet, ein Kind bekommen, ein Geschäft eröffnet und ist – so schildert es der Film – an kulturellen Differenzen gescheitert. Nach ihrer Rückkehr ins geordnete Wohlstandsleben publiziert sie mit großem Erfolg drei Bücher: Die Nachfrage nach ihrem Erstling, „Die weiße Massai”, in 17 Sprachen übersetzt, führte zu dem Bericht ihrer Reintegration in die Schweiz („Zurück aus Afrika”) und im Anschluss an ihren Kenia-Aufenthalt beim Film-Dreh entstand „Wiedersehen in Barsaloi” (alle A1-Verlag).

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