Bei Romanzen, die sich vor exotischer Kulisse entfalten, ist
Vorsicht geboten. Allzu leicht rutscht die Erzählung ins Klischee einer
perfekt gestylten Fremde ab. Natur, Kultur und die Bevölkerung eines
Landes werden zu Statisten unserer Wunschvorstellungen degradiert. Die
weiße Frau und der afrikanische Krieger diese Variante einer
Love-Story in der staubigen kenianischen Einöde, von der Corinne Hofmann
in ihrem 1998 veröffentlichten Bestseller Die weiße
Massai aus eigener Erfahrung berichtet, hätte in der filmischen
Adaption voll daneben gehen können.
Dass der Film trotz heftig trommelnder Beschallung durch die Musik (Niki
Reiser) nicht in der pittoresken Darstellung afrikanischer Folklore verharrt,
ist der Regie (Hermine Huntgeburth) und einer authentischen Hauptdarstellerin
zu verdanken. Carola (Nina Hoss) ist eine geerdete Heldin, die mit ihrem
Freund Stefan (Janek Rieke) Ferien in Kenia macht. Am weißen Sandstrand
blinzelt sie von einem akkurat ausgebreiteten Badtuch in das grelle Sonnenlicht.
Im Hintergrund ziehen Palmen eine Linie, die zur schiefen Ebene kippt. Die
Auszeit vom Alltag ist vorüber. Das Paar aus der ordentlichen Schweiz
unternimmt einen letzten Ausflug in den Trubel von Mombasa.
Auf der Fähre weist Stefan seine Freundin auf eine beeindruckende
männliche Erscheinung hin: Da ist ein Massai. Ein entscheidender
Moment, in dem Carola ihren Blick auf den sehnig-muskulösen Körper
von Lemalian (Jacky Ido) in traditionellem Schmuck richtet. Dann bricht die
Liebe aus. Sichtlich. Es hätte der anschwellenden Musik nicht bedurft.
Man erkennt es an Carolas Augen, ihrem angestrengten, etwas schiefen Mundwinkel,
an der perplexen Körperhaltung. Sie ist berührt, und es geschieht
etwas mit ihr. Unbewusst. Unkontrolliert. Das ist kitschig anzuschauen,
erklärt aber, was danach scheinbar ohne Sinn und Verstand, aus emotionaler
Impulsivität folgt.
Carola lässt ihren Freund allein in die Heimat fliegen. Beim Check-in
am Flughafen teilt sie ihm mit, dass sie bleibt. Sein verletzter Stolz formuliert
den vernichtenden Satz: Dir geht es doch nur ums Ficken. Eine
Odyssee beginnt. Carola begibt sich auf ihre einsame, verschwitzte Tour durch
die unbekannte Welt Afrikas. Naiv erzählt sie einer Mitreisenden im
Bus von ihrer Fährtensuche nach einem Mann. Die Botschaft wird
rumerzählt. Alle machen sich lustig über die Weiße, die nach
dem Massai Ausschau hält.
Afrika ist kein Ort für sie, das vermittelt ihr die Deutsche, die sie
an der ersten Etappe trifft. Was du willst, ist hier nicht so
wichtig, bringt es die desillusionierte Elisabeth, die von Katja Flint
gespielt wird, auf den Punkt. Es sind die Männer, die alles bestimmen,
natürlich auch das Ritual der Brautschau. Carola wartet bei Elisabeth
auf ihren Krieger, der sich Zeit lässt. Als er endlich kommt, um sie
zu holen, läuft es anders ab, als sie es sich in ihren romantischen
Tagträumen vorgestellt hat. Aber sie unterdrückt Tränen, bleibt
an seiner Seite und folgt ihm in die dornige Steppe.
Vier Jahre hat Corinne Hofmann in Kenia gelebt. Sie hat ihre große
Liebe geheiratet, ein Kind bekommen, ein Geschäft eröffnet und
ist so schildert es der Film an kulturellen Differenzen
gescheitert. Nach ihrer Rückkehr ins geordnete Wohlstandsleben publiziert
sie mit großem Erfolg drei Bücher: Die Nachfrage nach ihrem Erstling,
Die weiße Massai, in 17 Sprachen übersetzt, führte
zu dem Bericht ihrer Reintegration in die Schweiz (Zurück aus
Afrika) und im Anschluss an ihren Kenia-Aufenthalt beim Film-Dreh entstand
Wiedersehen in Barsaloi (alle A1-Verlag).
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