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Fear and Loathin in Las Vegas
USA 1998
Regie: Terry Gilliam
Mit Johnny Depp, Benicio del Toro
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Dies ist, formal gesehen,
eine kreuzbrave Literaturverfilmung. Die Erzählerstimme aus dem Off
bleibt während des ganzen Films präsent und spinnt ihren narrativen
Faden. Der Text ist wörtlich aus Hunter S. Thompsons Buch übernommen.
Über das Für und Wieder dieser Art Literaturverfilmung läßt
sich lange streiten und sinnvoll beenden läßt sich dieser wie
so mancher Grundsatzstreit nur durch die Probe aufs Exempel. Und dieses hier,
Terry Gilliams siebter Film (wenn man mal von Python-Co-Regie absieht), ist
ein absonderliches Exempel, denn Thompsons Buch ist ein absonderliches Buch.
Ein Experiment in der Darstellung absonderlicher, durch Drogen aller und
eben, das macht das Experimentelle des Experiments aus, sehr verschiedener
Art, hervorgerufener Zustände. Nun folgt der Film sehr wohl ganz
ausschließlich der Perspektive des von Johnny Depp sehr, der Neologismus
sei verziehen, störchern gespielten Helden. Wir haben Teil
ausschließlich an den Welten und Abgründen, die sich ihm auftun
- was in Dr. Gonzos, Thompsons Partner, gewiß nicht weniger entsetzlichem
und aufregenden Film passiert, bleibt uns verschlossen. Merkwürdig nur,
daß der Film sich nie wirklich auf diese Trips einläßt,
sondern dem Betrachter stets die Orientierung läßt. Das ist deswegen
fatal, weil es eingewöhnter und gar nicht weiter identifika- tionsbrechender
Brauch der Literatur ist, das Imperfekt raunend zu beschwören. Das Kino
hin- gegen ist die viel präsentischere Kunst, einfach weil die
Suggestionskraft der Bilder stärker und scheinbar unmittelbarer ist.
Ein Ich-Erzähler, der in der Vergangenheit erzählt, nimmt den Bildern
diese sehr eigene Gewalt und läßt sie zu bloßer Bebilderung
verkommen. Um es schlicht zu sagen: ich bin enttäuscht, daß der
Film mich nicht überwältigt - und das, obwohl er den Versuch durchaus
zu unternehmen scheint und Bilder sucht für die Halluzinationen. Immer
kommt aber dieser Erzähler dazwischen, der dann diesem an sich sehr
persönlichen Trip auch noch die histo- rische Einordnung zu verpassen
versucht, indem er die glücklichen Tage von San Francisco nur noch
nostalgisch beschwören kann. Die haben nun das böses Ende genommen,
das Hunter S. Thompson beschreibt.
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Besonders seltsam ist, zunächst
wenigstens, daß ausgerechnet Terry Gilliam diesen Film ausgerechnet
so gemacht hat. Seine Python-Animationen waren damals faszinierend wegen
ihrer sehr konkret bildichen Verschlungenheit und Abgründigkeit. Menschen
verschwanden in aufgeklappten Menschenköpfen, die 'Kamera' folgte, bis
man nicht mehr wußte, wo man war und wo man wieder auftauchen würde.
Die Zeitlöcher in 'Time Bandits' folgen genau diesem Muster und auch
in 'Brazil' sind verschlungene Abwasser- und Rohrpostsysteme ein klaustro-
phobisches Leitmotiv. Dieses konsequent Labyrinthische aber scheint seitdem
langsam aber allzu sicher verloren gegangen zu sein. Die große Stärke
von 'Brazil' war gerade,daß es keine eindeutige Auflösung
gibt, daß man rettungslos wegsackt mitsamt der Realität - das
war ja auch der Hauptgrund, warum das Studio damals das Ende ändern
wollte. Der arg unterschätzte 'Münchhausen' war entschärft
allein schon dadurch, daß das die weit optimistischere
Märchenvariante war. Aber 'König der Fischer' und '12 Monkeys'
gehen dann einfach zu gut auf. In ihren Rätseln kann man sich nicht
mehr verlieren, was insbesondere bei '12 Monkeys' fast ein Wunder ist, denn
selten gibt es für Zeitreisefilme eine derart saubere logische
Lösung.
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So gesehen ist 'Fear and Loathing' eine logische Folge
dieser Entwicklung, in der ich so gar keinen Gewinn entdecken kann. Dieses
Distanzbedürfnis, dem die entscheidende letzte Konsequenz früherer
Bilderwut abhanden gekommen ist, nimmt den zum Teil immer noch grandiosen
Bilderfindungen ihre Kraft, ohne auf der anderen Seite einen Zugewinn etwa
an Reflexivität oder gar (das möge Gott aber auch verhüten)
Psychologisierung zu bringen. Daher ist 'Fear and Loathing' für mich
eine weitere Enttäuschung, wie alle Gilliam-Filme seit 'König der
Fischer', dem ich einst noch wochenlang entgegengefiebert hatte. Keiner von
ihnen ist wirklich schlecht, aber das Überbordende und Obsessive, das
mich bei 'Brazil' und auch 'Münchhausen' gepackt hat, ist weg. Weiß
der Teufel wohin. Vielleicht ist Terry Gilliam ja erwachsen
geworden.
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