Mit nur zwei Filmen hat sich der 1970 geborene thailändische
Regisseur Apichatpong Weerasethakul schon einen beträchtlichen Ruf in
der internationalen Filmszene erarbeitet. Sein Debüt Mysterious Object
at Noon" (2000) zeigt, zwischen Dokument und Experiment, die Verfertigung
einer Geschichte beim Filmen nach der Art des Fortsetzungsromans mit
verschiedenen Autoren. "Blissfully Yours" (2002) riss die "Cahiers du
Cinéma", aber auch den New Yorker "Film Comment" zu hymnischen Kritiken
hin: Erzählt wird in klaren Bildern eine Liebesgeschichte, in der sich
die Verortung in der thailändischen Gegenwart und die Offenheit auf
metaphorische Auslegungen hin nicht ausschließen. Nach diesen zwei
Filmen glaubte man, so etwas wie die Handschrift Weerasethakuls zu kennen
und Ähnliches von ihm erwarten zu dürfen.
Der im Forum gezeigte Film "The Adventure of Iron Pussy" hat jedoch
mit dem bisherigen Werk Weerasethakuls nichts zu tun. Was man hier vors Auge
geknallt bekommt, ist eine wilde Travestie auf einen Spionagethriller. Agent
"Iron Pussy" ist - da fungieren eher amerikanische Superheldencomics als
Vorbild - ein kleiner Verkäufer, der sich für seine
Agenten-Einsätze in Schale wirft und grell geschminkt und in Frauenkleidern
die Schurken der Welt bekämpft. Sein Geliebter Pew ist, auf dem Motorrad,
stets dabei und notfalls auch lebensrettend zur Stelle. Hier geht es nun
gegen einen Schurken, der eine Droge entwickelt, die Menschen gefügig
macht, mehr erfährt man nicht und es ist auch sowas von egal. Mehr als
einen grellbunten Jux nämlich mit der Verulkung des Genres, durch
Einarbeitung des schwulen Element, durch Umarbeitung ins Musical-Genre will
der Film sich nicht machen.
Die technischen Mittel sind dürftig, gedreht hat man mit Digital
Video und zu sagen, dass man das auch sieht, wäre noch untertrieben.
Es findet sich darüber hinaus kein einziger Originalton auf der Tonspur,
die dafür mit heftiger Musik und den synchronisierten Stimmen vollgeknallt
ist. Selten nur gibt es dabei so etwas wie Lippensynchronität - und
offenkundig hatte auch niemand den Ehrgeiz dazu. Die Wendungen des Plots
sind obskur, die Scherze mal gelungen, mal nur dem Thai-Publikum (das der
Film seines schwulen Agenten wegen vermutlich nie haben wird) so recht
verständlich, mal auch einfach doof und viel zu lang. Hübsch vor
allem das Ende, als, am seidenen Faden hängend, Agent Iron Pussy und
der Verbrecher Tang, in den er sich verliebt, der sich in ihn - als Frau
- verliebt hat, in Gesang ausbrechen.
Das ganze also ein Spaß, nichts weiter, und nichts, was man
von Weerasethakul auch nur im entferntesten erwartet hätte. Es gibt
dafür einen einfachen Grund: "The Adventure of Iron Pussy" ist weniger
sein Projekt als das des Künstlers und Darstellers des Titelhelden Michael
Shaowanasai, der drei selbstgedrehten und in Galerien und Ausstellungen der
westlichen mehr als der thailändischen Welt gezeigten Iron-Pussy-Kurzfilmen
nun als Ko-Regisseur diesen Langfilm folgen ließ. Weerasethakuls
originäre Idee war die Verwandlung ins Musical. Anwesend nach der
Vorführung war nur der auch live einige Entertainer-Qualitäten
zeigende Star von "Iron Pussy". Weerasethakul hat gerade seinen nächsten
Film abgedreht, "Tropical Malady", dies hier wird in seinem Werk ein eher
unerhebliches Nebenprojekt bleiben.
zur Jump Cut Startseite |