Ende des 19. Jahrhunderts waren die frühen bewegten"
Bilder ein Jahrmarktspektakel und eine Variete-Attraktion. Ein Experimentierfeld
für Tüftler und Bastler wie z. B. Max Skandalowsky, Thomas Edison
und Oskar Messter, die fasziniert waren von der Idee der laufenden"
Bildern. Etwas nie Dagewesenes bot der Film: er konnte die Realität
abbilden.
Hundert Jahre später ist der Film in der Lage, das als real abbilden,
was in der Realität niemals möglich ist. Und auch heute, wie damals,
werden die Menschen von dem Versprechen, etwas nie Dagewesenes zu sehen,
ins Kino gelockt. Die technischen Entwicklungen der vorangegangenen Jahrzehnte
beeinflussten den Film in seiner formalen und ästhetischen Gestaltung.
Auch die Pre- und Postproduktion änderte sich mit fast jeder Neuentwicklung.
Man denke an die Montagetechnik, die Einführung von Ton (und Musik)
oder die Möglichkeit, ein anderes Bildformat (z.B. Cinemascope) einsetzen
zu können. Die Formen des Erzählens veränderten sie jedoch
nur minimal. Mit der Erfindung des Mikrochip sollte vieles anderes werden.
Almuthstrid Hoberg, wissenschaftliche Assistentin an der Uni Hamburg
im Fachbereich Medienkunde, hat sich der Symbiose von Film und Comuter angenommen
und nähert sich der Thematik, lobenswerterweise, nicht in verklausuliertem
Akademikerjargon, sondern auf sehr verständliche und informative Art.
Sie zeigt den langen Weg der Bilder über die Fotografie, die Animation
(dem künstlich" erschaffenen Bild) hin zur digitalen Bildbearbeitung
. Mit bemerkenswert Präzision beschreibt sie die technischen Abläufe
der Filmproduktion. Im filmgeschichtlichen Kontext ermöglicht die Autorin,
die daraus resultierenden filmtheoretischen Umsetzungen nachzuvollziehen.
Sehr gelungen sind die Betrachtungen der einzelnen Genres wie
Science-Fiction, Action, Fantasy und Comic. Einzelanalysen von Terminator
2, Jurassic Park und Forrest Gump, die sicherlich stellvertretend für
den Einsatz von digitalen Verfahren sind, machen den Band zu einem
unverzichtbaren Werk der gegenwärtigen Filmanalyse. Die ästhetischen
Auswirkungen der digitalen Techniken auf die Bildsprache und unser Sehen
werden exellent herausgearbeitet.
Welche Rolle werden in Zukunft die körperlichen und sinnlichen
Erfahrungen der Menschen im Film spielen? Wie wirkt sich die radikale Bewegung
der Bilder auf das Nervensystem aus? Dies sind nur einige Fragen, die das
abschließenden Resumee versucht zu beantworten. Ein hervorragend
recherchiertes und, in seinen Analysen, klares Werk, dem sehr viele Leser
zu wünschen sind.
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