Interview mit Spike Jonze und Charlie Kaufman zu "Adaptation"

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"Adaptation": Regisseur Spike Jonze und Drehbuchautor Charlie Kaufman über gegenseitiges Vertrauen, Verzweiflung und Schizophrenie
Interview von Johannes Bonke/Rico Pfirstinger

zur "Adaptation"-Kritik

Aus reiner Verzweiflung

Nach ihrem für den Oscar nominierten Seelenstrip "Being John Malkovich" kommt von Spike Jonze und Charlie Kaufman nun ein weiteres, nicht minder verwirrendes Projekt in unsere Kinos. "Adaptation" ist eine schräge Komödie über den Autor Charlie Kaufman, der sich selbst in ein Drehbuch hineindichtet und die Grenze zwischen Realität und Fiktion einfach beseitigt. Abgerundet wird der Geniestreich von Nicholas Cage, der in einer hoch komplizierten Doppelrolle zur Höchstform aufläuft und die kreative Verzweiflung eines Drehbuchautors plastische Realität werden lässt.

Frage: Mr. Kaufman, Mr. Jonze, zeigt "Adaptation" eigentlich die wahre Persönlichkeit von Charlie Kaufman?

Charlie Kaufman: Der Film offenbart nicht alle Facetten meiner Persönlichkeit, aber was Sie davon sehen, das bin wirklich ich. Denn das Drehbuch entstand aus reiner Verzweiflung. Als ich den Auftrag bekam, das Buch "Der Orchideendieb" von Susan Orlean für die Leinwand zu adaptieren, war ich vollkommen überfordert. Die Geschichte des Buches ist einfach nicht für eine Verfilmung geeignet. Die Folge war ein Drehbuch über mich selbst, wie ich verzweifelt versuche, dieses Buch zu adaptieren. Verwirrend, nicht?

Frage: Was ist das für ein Gefühl, sich selbst in seiner eigenen Geschichte auf der Leinwand zu sehen?

Kaufman: Anfangs war es ziemlich erschreckend. Aber mittlerweile habe ich den Film etwa sechzig Mal gesehen, da kehrt eine gewisse Selbstverständlichkeit ein. Und Nicholas Cage ist ein wirklich großartiger Schauspieler. Eigentlich dachte ich, dass der Film mein ganzes Leben verändern würde, aber so war es dann doch nicht.

Frage: War dieses Drehbuch auch eine Art von Rache für das mangelnde Interesse des Publikums an den eigentlichen Schöpfern einer Geschichte, den Drehbuchautoren?

Kaufman: Eigentlich nicht. Nach meinem Drehbuch für "Being John Malkovich" habe ich sehr viel Anerkennung bekommen, und seitdem ist das öffentliche Interesse an mir und meiner Arbeit ungewöhnlich groß. Außerdem stehe ich eigentlich nicht gern im Rampenlicht.

Frage: Nicholas Cage wirkt für die facettenreiche Doppelrolle wie geschaffen. Wurden noch andere Schauspieler in Erwägung gezogen?

Spike Jonze: Das Casting war genauso verwirrend wie die Geschichte selbst. Es war nicht leicht, die richtige Entscheidung zu treffen, da ich den echten Charlie sehr gut kenne. Eine Person zu finden, die einen Freund von dir spielen soll, erschien anfangs unmöglich. Hinzu kam das Problem, dass zwei völlig unterschiedliche Charaktere von ein und demselben Schauspieler gespielt werden mussten. Verzweiflung, Obsession, Euphorie und Leichtigkeit mussten vereint werden. Nicholas Cage war dazu imstande, also bekam er die Rolle.

Frage: Wie war es technisch möglich, die Szenen zu drehen, in denen Nicholas Cage doppelt zu sehen ist und sich mit sich selbst unterhält?

Jonze: Wir haben eigentlich alle gängigen Techniken eingesetzt, die man überhaupt nur benutzen kann: geteilte Leinwände, Motion-Control, Green-Screen und so weiter. All das war sehr kompliziert und zeitaufwändig. Manchmal ersetzten wir das Gegenüber beim Dreh einfach durch einen Tennisball.

Frage: Repräsentieren die Zwillingsbrüder Charlie und Donald Kaufman im Film eigentlich eine gewisse Art von Schizophrenie?

Kaufman: Ich kann durchaus verstehen, dass viele Leute denken, dass es sich in Wirklichkeit um ein und dieselbe Person handelt. In gewisser Weise war das auch so beabsichtigt. Aber für mich sind die beiden eigenständig handelnde Menschen und keine Art von Schizophrenie. Ich für meinen Teil zumindest bin nur Charlie Kaufman, die Eigenschaften von Donald basieren nicht auf meiner eigenen Person.

Frage: Meryl Streep spielt in "Adaptation" eine drogenabhängige Reporterin mit ungewöhnlicher Lebenseinstellung. Wie kamen Sie bei dieser Rolle gerade auf sie?

Jonze: Die Entscheidung ergab sich bei unserem ersten Treffen. Viele Schauspielerinnen sind sehr voreingenommen und hören dir nicht wirklich zu. Meryl ist anders: Wenn du ihr etwas erzählst, siehst du in ihren großen, interessierten Augen, dass sie alles versteht, was du vermitteln willst. Genau diese Fähigkeit war mir sehr wichtig für die Rolle der Susan Orlean. Ab diesem Moment wusste ich, dass sie zu einer authentischen Verkörperung in der Lage ist.

Frage: Mr. Kaufman, beschreiben Sie doch bitte Ihren typischen Tagesablauf. Wie viele Stunden schreiben Sie täglich?

Kaufman: Ich bin nicht sehr diszipliniert. Oft hänge ich an bestimmten Szenen und schreibe tagelang kein einziges Wort. Manche Autoren haben eine bestimmte Tageszeit, in der sie am besten schreiben können. Meine Arbeitsweise ist dagegen sehr unordentlich. Ich denke ständig nach und mache mir sehr viele Sorgen. Eigentlich lebe ich nicht in der realen Welt, eher in einer Welt meines Gehirns und meiner Gedanken.

Frage: Wie würden Sie Ihre Beziehung zueinander beschreiben?

Jonze: Wir sind Partner, die sich gegenseitig zuhören und...

Kaufman: ...sich gegenseitig vertrauen. Wie haben die gleichen Absichten, die gleiche Art von Vorstellungen. Deshalb ist unsere Kritik am anderen immer sehr konstruktiv. Wenn ich an einem Projekt schreibe, ist mir die Meinung der anderen nicht sehr wichtig. Ich vertraue in dieser Beziehung nur Spike und meiner Frau.

Jonze: Ich hoffe, dass wir noch oft die Möglichkeit bekommen, zusammenzuarbeiten. Mir bedeuten unsere gemeinsamen Projekte sehr viel.

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