The Compete Lowlife von Ed Brubaker versammelt
autobiografische Comic-Kurzgeschichten von um 1990. Sie sind eine Begegnung
mit einem Zeitgeist, der als nunmehr vergangener rasant gealtert scheint.
Geschildert werden Episoden aus dem Slacker-Leben von Thomas Booker, der
sich mit Jobs durchschlägt, sehr genretypisch etwa im Plattenladen,
der ungute Erfahrungen mit Drogen macht und mit seinem Chef. Erzählt
wird aus einer zu Nostalgie neigenden rückblickenden Haltung heraus,
immer sentimental, in einer Mischung aus hipper Selbstverachtung und einem
endlosen Kreisen um die eigenen Alltagsprobleme, das nicht ohne die
pseudo-philosophischen Üblichkeiten weltschmerzgeplagter Reflexionen
abgeht.
Im Zentrum der postpubertären Obsessionen: die Freundin, die
Frau, die zur Projektionsfigur eines geordneteren Lebens wird, die, zuletzt,
den Loser verlässt. Das erinnert stark an James Kochalka, kommt nur
um einiges ungefilterter daher, auch stilistisch merkt man, dass es sich
um Brubakers Anfänge handelt. Abgesehen von gelegentlichen, nicht besonders
witzigen meta-narrativen Signalen und Kommentaren zum Zustand der Figur wirkt
manches stilistisch noch recht unbeholfen. Interessant jedoch, zu beobachten,
wie Brubaker sich im Laufe der Jahre entwickelt. So sind die letzten drei
Stories die mit Abstand besten. Der Strich gewinnt deutlich an Präzision,
und zwar, insbesondere in The Other Shoe, durch Reduktion, durch schärferes
Abgrenzen ikonischer werdender Figuren von den Hintergrundflächen. Das
Feststecken seines Helden setzt Brubaker nun auch formal um: mehrfach wiederholt
er identische Panels mit unterschiedlichem Text, er verabschiedet im letzten
Story-Panel der Geschichte seine Figuren durch eine weiße Tür
vor nicht zuende getuschtem schwarzen Hintergrund. Es folgt eine letzte Seite,
die fabelhaft ist: auf ein reines Text-Panel, das das Motiv der schmerzlichen
Erinnerung an glückliche Zeiten einführt, folgt das Aufbruchs-
und Hoffnungs-Symbol eines offenen Fensters, dann Alltagsansichten von
Einrichtungsgegenständen, der leeren Wohnung, die Thomas verlassen hat,
kommentiert aus dem Off der Textkästchen. Es zeigt sich hier, dass das
Sentiment erträglich wird, wenn es einen passenden Ausdruck findet,
schlüssige und zugleich ambivalent bleibende Bilder.
Was folgt, ist ein bitteres Schlusskapitel, der gerade in seiner
Gewaltsamkeit und im Bruch zu Ton und Form der voran gehenden Stories
interessante Abschluss der Geschichte, fünfzehn Jahre später, man
sieht auf drei Seiten die Rückkehr eines kurz geschorenen, gealterten
und vor allem auf ganzer Linie gescheiterten Thomas Booker in eine
merkwürdig veränderte, ja in Anspielung auf Fahrenheit 451 fast
buchlose Welt. Der einzige Trost, der ihm bleibt, sind die Lowlife-Comics,
die seine Jugend darstellen, die Brubaker in mehreren Panels zitiert. Das
ganze ist ein Kommentar aufs Verhältnis von Kunst und Leben, von der
kompensatorischen Rettung des Lebens in die Kunst. Implizit betont diese
letzte Geschichte den persönlichen, autobiografischen Charakter des
Vorangegangenen: mag sein, dass Brubaker selbst sieht, dass einen die Geschichten
um Thomas Booker, zumal historisch geworden, nicht so wahnsinnig viel angehen.
Brubaker schreibt heute (unter anderem) Batman-Szenarien: auch ein
Kommentar. |