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Ein melancholischer Privatdetektiv, dessen einstige Geliebte ermordet
wurde. Der einsam durch die Gegend stapft und von diversen Gangstern unsanft
gewarnt wird, sich aber seiner Haut zu wehren weiß. Der sich mit dem
ermittelnden Polizeidetektiv ins Gehege kommt. Klingt alles nach bester
Chandler-Tradition, auch nach abgenudeltsten Hardboiled-Klischees, nur dass
es in New York (oder eher Gotham), nicht in LA spielt. Vor allem aber sind
alle Figuren des Comic-Krimis Blacksad Tiergestalten, oder genauer:
Menschengestalten mit Tierköpfen. Detektiv Blacksad ist ein schwarzer
Kater, Polizist Smirnow ein Schäferhund, die Gangster wie die Statisten
sind ein ganzer Zoo von Echsen, Ratten, Krokodilen, Schweinen etc.
Das ist nicht nur ein hübscher Verfremdungseffekt, sondern im
verblüffend gelungenen optischen Ergebnis eben auch etwas sehr
Comic-Spezifisches: die auftretenden Tierkopf-Figuren sind zwar einerseits
zur typologischen Kenntlichkeit überzeichnet, andererseits handeln sie
aber wie selbstverständlich ganz als die gewohnten Hardboiled-Charaktere,
nicht als deren Karikaturen. Im Gegenteil: selten ist Tiergesichtern soviel
zutiefst menschlicher Ausdruck abgewonnen worden. Das ist eine der Leistungen
des Zeichners Juanjo Guarnido, der sich in diesem ersten Band einer geplanten
Serie ohne jeden Abstrich als Stift-und-Tusche-Genie erweist. Jeder einzelne
Panel ist ein Augenschmaus für sich: die Figuren sind mit großer
Sorgfalt gezeichnet, der Präzision der Gesichtsausdrücke korrespondiert
ein umwerfendes Gespür für Komposition und Dynamisierung
gleichermaßen. Einmal gelingt es Guarnido, allegorische Friedhofsfiguren
die Situation des Helden einfach durch ihr Ins-Bild-Rücken kommentieren
zu lassen. Nicht nur ein grandioser komischer Einfall, sondern auch ganz
unaufdringlich in der Ausführung. Die Perspektiven, auch die
Lichtführungen sind oft überraschend, aber nie auf Effekte aus,
auch die Seitenaufteilung ist makellos, variabel, die Panels sind nicht durch
feste Rahmen begrenzt, sondern nur durch schmale Streifen weiß voneinander
begrenzt. Geschickt nützt Guarnido leichte Monochromfärbungen wie
filmische Filtereffekte zur Erzeugung von Atmosphäre: ein düsteres
Braun zu Beginn, später ein kaltes Grau und in einer Rückblende,
die den Bericht einer sterbenden Figur wiedergibt, sind die Bilder in ein
dunkles Rot getaucht.
Geschickt bleiben Zeit und Ort von Blacksad im Vagen. Die
New-York-Anklänge sind deutlich, aber nie eindeutig identifizierbar.
Autos, Kleidung, Straßenszenen siedeln die Geschichte in einer Art
Ideal-Vergangenheit an, zu der die Versammlung von
Hardboiled-Genre-Versatzstücken, zu denen auch die arg pathetischen
inneren Monologe des Helden gehören, schon wieder passt. Der
Qualitätsunterschied zwischen Szenario und Zeichnung bleibt dennoch
eklatant. Nicht weil die Geschichte von Díaz Canales besonders schlecht
wäre. Sondern weil Juanjo Guarnidos Kunst so atemberaubend ist. |