Comic: Daniel Clowes: David Boring

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REZENSION

Daniel Clowes: David Boring

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David Boring hat mehr als nur ein Problem. Er ist vaterlos aufgewachsen, von einer überbehütenden Mutter tyrannisiert und hat eine Obsession für ausladende Frauenhintern. Vor seiner Mutter ist er in die Stadt geflohen, dort lebt er mit seiner besten Freundin Dot in einem Apartment und wird in Gestalt seines Highschool-Freundes Whitey von der Vergangenheit eingeholt. Dann beginnen sich die Ereignisse zu überschlagen. Was als die wenig aufregende Geschichte eines nicht so ungewöhnlichen 20-Jährigen beginnt (der auch noch den Namen Boring trägt und so aussieht), entwickelt sich zum bizarren Kriminalfall. Whitey nämlich wird, kaum dass er angekommen ist, ermordet, die Polizei ist David auf den Fersen. Auf dem Weg zur Beerdigung - bei der David wieder in die Fänge seiner Mutter gerät - begegnet er Wanda, einer Frau mit ausladendem Hintern, die er bald näher kennenlernt. Wenigstens glaubt er das, jedoch der Schein trügt. Wanda verlässt ihn (und die Stadt) und der erste von drei Akten, in die sich der Comic teilt, endet damit, dass David niedergeschossen wird.

Der zweite Akt wird zur Geschichte der Genesung Davids, dessen Gesicht zu Beginn des Abschnitts ganz und gar bandagiert ist, nach und nach wird es wieder freigelegt. Angesiedelt ist dieser zweite Akt auf einer einsamen Insel, auf die David von seiner Mutter und Dot verbracht wird, außerdem sind dort verschiedene Verwandte. Ein Onkel kommt an und verkündet, dass die Auslöschung der Menschheit durch einen Krieg mit biologischen Waffen droht. Als wäre damit nicht genug, folgen nun Morde und Intrigen, dann die Flucht von der Insel. Der Geschehnisse des dritten Akts sind nicht weniger bizarr, David lernt Judy kennen, die Schwester von Wanda, verliebt sich in deren Hintern, bekommt es mit Judys Ehemann und einem einstigen Rivalen um Wandas Liebe zu tun, es endet mit Mord- und Totschlag und einem Neubeginn.

Daniel Clowes unternimmt nie den Versuch, die wilde Mischung an Genres, Ereignissen, Bezügen und Plotlinien, die David Boring darstellt, zu plausibilisieren. Die horrende Unwahrscheinlichkeit des Geschehens trifft freilich auf eine geradezu klassische formale Geschlossenheit. Die Dreiaktigkeit steht dafür ein, vor allem aber auch Clowes' altmeisterlich anmutender Zeichenstil. Das Schwarz-Weiß-Grau-Chiaroscuro seiner Zeichnungen tendiert, bei aller Scharflinigkeit, weg vom Skizzenhaften des Comicüblichen ins Malerische. Es gibt ein klares Grundmuster der Seitenaufteilung, das nie (von den Splashpages zu Beginn der Akte einmal abgesehen) aufgebrochen wird: jede Seite besteht aus drei Panelreihen, die selbst - als Regelfall - in drei gleich große Panels gedrittelt sind. Nur auf der Ebene der Reihen findet Variation statt, werden zwei oder alle drei Panels zu zwei oder einem größeren zusammengezogen (eine weitere Zerstückelung findet hingegen nie statt). Nicht einmal die inhaltlich ganz aus dem Zusammenhang fallenden farbigen Panels, die diegetisch Ausschnitte aus Comics von Davids Vater sind, sprengen diesen Rahmen.

Weiterhin zusammengehalten wird der Comic durch die strenge narrative Klammer der Ich-Erzählerstimme David Borings. Immer wieder, vor allem anfangs, sehr gegen die Regeln einer auf Ausgeglichenheit von Bild und Text setzenden Auffassung der Kunst des Comics, gibt es sehr ausführliche Kommentare und Überlegungen des Ich-Erzählers - mitunter auch deutlich ironische metafiktionale Einlassungen wie diese: "Our story, as you can see, has taken a turn toward violence and suspense and I must, as protagonist, summon the courage to act" (Ende des zweiten Aktes, es gibt keine Seitenangaben). Das alles führt zum eigentümlichen Kontrast, der - neben den rein inhaltlichen Spannungselementen - den Reiz von David Boring ausmacht: in der grafischen Ausführung meisterhaft, aber weitgehend überraschungslos, ist der Comic inhaltlich eine wilde Achterbahnfahrt der Gefühle wie der Plotentwicklung. Nie kann man sicher sein, was im nächsten Moment geschieht, einzig die Annahme, dass einem bald wieder der Boden unter den Füßen weggezogen wird, findet immer wieder Bestätigung. Wer sich darauf einlässt, darf sich auf ein Comic-Lektüreerlebnis wie kein anderes gefasst machen.

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