Enid und Becky sind zwei beste Freundinnen,
Mädchen um die achtzehn in einer amerikanischen Kleinstadt. Ghost
World beobachtet ihren Alltag. Es passiert nichts Aufregendes - ganz
anders als in Clowes' jüngstem Wurf, David Boring - aber das
Alltägliche ist mit gnadenloser Genauigkeit und großer Treffsicherheit
beschrieben. Es geht um Jungs, in erster Linie, aber auch um seltsame Satanisten,
die vermutlich gar keine sind, um verkorkste Beziehungen, um Musik, Fernsehen
und den möglichen Zugang zum College, damit den Abschied von der Stadt,
aber auch das Ende der merkwürdigen Limbo-Zeit, um die es Ghost
World eigentlich geht. Den Übergang zum Erwachsenenleben, aus dem
Enid und Becky gelegentlich von hassenswerten Schulkameraden Besuch bekommen,
das sie durchs eigene Slacker-Dasein noch hinauszögern möchte.
Erzählt wird das in acht Episoden, allesamt unspektakulär
geplottet, die meiste Zeit sieht man die Protagonistinnen im Gespräch,
auf ihren Zimmern, unterwegs, im Diner. Einzelne Figuren tauchen auf,
verschwinden, kehren wieder oder auch nicht. Slices of Life, die
lakonische Erzählperspektive kommt ganz und gar mit der dieser kleinen
Welt zur Deckung: es gibt keine Kommentare, Erläuterungen, selbst der
große Zeitsprung am Ende erfolgt völlig unvermittelt.Dieser Verzicht
auf Distanz kommt dem Comic zugute, dazu trifft Clowes immer den richtigen
Ton, hat völlig glaubwürdige abstruse Einfälle, Sinn für
Details und Dialoge.
Gezeichnet ist Ghost World im von Clowes vertrauten künstlich
wirkenden Pop-Art-Stil, der jeden Panel in sich abgeschlossen, ja stillgestellt
wirken lässt. Bewegungen, die er zeichnet, scheinen eingefroren,
gefärbt sind die Bilder in einem angegammelt wirkenden monochromen
Grün. All das führt zu einem Effekt seltsamer Zeit-Enthobenheit.
Hyper-Künstlichkeit des Formalen steht gegen die Hyper-Authentizität
der Narration. Der visuelle Detailrealismus wird im Rahmen dieses Formalismus
reizvoll aufgehoben. Das macht Ghost World zum Meisterwerk auf allen
Ebenen. |