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Comic: James Kochalka: Magic Boy & Girlfriend, Paradise Sucks |
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REZENSIONJames Kochalka: Magic Boy & Girlfriend, Paradise Sucks
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James Kochalka war als Musiker zunächst bekannter denn als
Comic-Künstler, auf dem einen wie dem anderen Gebiet erweist er sich
aber als begnadeter Dilettant. Kochalka spielt kein Musikinstrument und kann
auch definitiv nicht singen, die Musik, die er mit seiner Band James Kochalka
Superstar fabriziert, klingt danach und doch immer wieder ähnlich
pop-genialisch wie die Werke eines Jad Fair oder Daniel Johnston.
Als Cartoonist hat er sich ein Alter Ego namens Magic Boy erfunden, das er mal durch die bizarren Gefilde der Kochalkaschen Imagination (von seltsamen Aliens, Paradiesen und Weltraumabenteuern) schickt, dann wieder Autobiografisches in Comicform nacherleben lässt. In der "Magic Boy & Girlfriend"(1998) betitelten Sammlung von kürzeren und längeren Strips, die seit 1993 in den James-Kochalka-Superstar-Heften erschienen, kann man die Entwicklung Kochalkas bis zur Erfindung dieser Figur und dann ihre Weiterentwicklung nachvollziehen. Immer wieder kommt es dabei zu Selbstkommentaren, semiphilosophischen Überlegungen eines Ich-Erzählers, die das Cartoongeschehen entweder überlagern oder mit metafiktionalen Anmerkungen versehen. Das Ausbleiben der Pointe ist ein ständig wiederkehrendes Thema (und eine Tatsache). Notorisch ziellos unterläuft Kochalka alle Narrationsvorgaben des Cartoon-Genres. Von Abschweifungen lässt er sich sonstwohin tragen, verliert konsequent immer wieder den Faden und kommt doch immer wieder da an, von wo er ausgegangen ist: bei der Reflexion über sein Leben als Künstler, als Comicautor, Musiker. Eine wichtige Rolle spielt dabei stets Amy, die Freundin Kochalkas/Magic Boys', deren Abwesenheit während der Studienzeit von Magic Boy in Baltimore ebenso Thema ist wie diverse Abenteuer mit ihr im längsten und titelgebenden Stück des Bandes, darunter ein Gruppensexexperiment, das nicht zur Wiederholung einlädt. Der Plot von "Paradise Sucks" (1997) kommt der Abgeschlossenheit so nahe, wie das unter den Voraussetzungen der Kochalkaschen Comickunst nur möglich ist. Erzählt wird eine doppelte Geschichte, zum einen gibt es die Nacherzählung der Paradiesgeschichte der Genesis (mit leichten Variationen, versteht sich), zum anderen gibt es wieder Autobiografisches cum Wunscherfüllung aus dem Leben des Malers Kochalka, daruntergemengt ein Anfangsstrang um eine Erdnussfabrik. Irgendwann macht sich Magic Boy davon ins selbstgemalte Paradies, tritt ein in sein Bild, begegnet dem Schöpfer und Adam und Eva. Nichts davon kann ihn beeindrucken. Zeichnerisch bedient sich Kochalka stets der einfachsten Mittel, aber er handhabt sie zunehmend virtuos. Sein Stil der wenigen ungefälligen Striche und sehr schematischen Zeichnung von Figuren und Gegenständen ist von trügerischer Simplizität: seine Cartoons sind, mittlerweile jedenfalls, weit weniger dilettantisch als sie aussehen, in ihrer Konzentrations auf das Wesentliche ein Kontrapunkt zu den nie auf den Punkt kommenden Anmerkungen und Ausschweifungen des Erzählers. Wenn nicht alles täuscht, reduziert sich in den neueren Geschichten freilich das Durcheinander von Magic-Boy-Erzählung und Metakommentar. Man muss aber gewiss keine Angst haben, dass Kochalka in die Fänge des Mainstreams geraten ist. Narration und Reflexion sind nun innerhalb der erzählten Geschichte miteinander verwoben, James Kochalka zieht sich aus den Panels zurück, objektiviert seine Kunst (ein wenig) - doch das kommt den einzelnen Comic-Strips in Form von Geschlossenheit zugute.
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