Hölle - Opfer - Rache überschreibt Andreas Dierßen
die drei Kurzcomics um den Privatdetektiv Kunz. Die Einsilbigkeit des Titels
ist Programm: Dierßen erzählt Genre-Vignetten in konsequentem
Hardboiled-Minimalismus. Drei Geschichten um brutalen Mord: ein Serienkiller,
ein Missbrauchsopfer, das zum Täter wird und der Mord an einem Strichjungen.
Das alles in düsterem, nicht weiter detailliertem Setting, mit den
wiederkehrenden Figuren der Polizisten Patzak und Herzog, kaum ein Genre-Klischee
wird ausgelassen. Erstaunlich dabei ist, wie wirkungsvoll Dierßen die
Klischees einzusetzen weiß, ihnen durch seine Lakonie, seinen Zeichenstil,
der ebenfalls ganz aufs Wesentliche konzentriert bleibt, eine beträchtliche
Schlagkraft zu geben versteht. Gesichter und Hintergründe bleiben
schematisch, die Geschichten werden flüssig erzählt, angelehnt
an filmische Muster der Decoupage, also der Abfolge von raschem Ins-Bild-Setzen
durch Establishing Shots und detaillierenden Nahaufnahmen. Großaufnahmen
von Details, oft aus der Narration herausgenommen, ohne Panelbegrenzung,
sind ein Markenzeichen Dierßens, aber es gibt auch eindrucksvolle Zooms
und souveränen Umgang mit der Zeit durch Zergliederung in rasche Abfolgen
von schmalen Panels.
Obgleich die Geschichten zuerst in einem japanischen Manga-Magazin
veröffentlicht wurden, ist der Effekt dieser Zergliederungen aber nicht
der manga-typische der Temposteigerung, des raschen Schnitts. Dem steht die
düstere Schwere des Tons in Kunz entgegen - gerade die Actionszenen
sind eigenwillig gegen den Strich eines solchen (oder gar des amerikanischen
Mainstream-Comic-)Effektbewusstseins gearbeitet: ein Schusswechsel am Ende
der ersten Geschichte ist auf zwei aus dem Panelrahmen genommene groß
ins Bild gesetzte Revolver reduziert, unterstrichen nur durch lautmalerische
Bangs, aber ohne jede Orientierung auf Schützen, Ziele und die
räumliche Anordnung der Situation. Ein Leitmotiv kehrt, vor allem aber
nicht nur am Ende der ersten und der letzten Geschichte wieder: eine Totale
aus extremer Draufsicht, ein God's-eye-Blick, der allerdings nichts
als Tod und Verwüstung in den Blick bekommt, Innenhöfe mit Leichen.
Ein Abschiedsblick des Zeichners und Erzählers auch, der darin seine
Geschichten summiert und zugleich die Möglichkeit jedes Eingriffs
verneint. |