Professor Bell, Chirurg in Edinburgh, ist eine
historische Gestalt, Conan Doyles Sherlock Holmes, der ebenfalls einen kurzen
Auftritt hat, soll in ihm eines seiner lebensechten Vorbilder gehabt haben.
Sein treuer Begleiter, das grünliche Gespenst, das immer so aussieht,
als sei es in ein eine Nummer zu großes Bettuch gekleidet, ist es nicht.
Munter mischt nach dieser Art Joann Sfar Imaginiertes und Faktisches,
Fantastisches und Historisches durcheinander, und zwar so, dass es eine Lust
ist. Die eigentliche Geschichte von Les Poupées de Jerusalem ist aber
entschieden auf der fantastischen Seite: der Teufel, seit tausend Jahren
in Jerusalem eingesperrt, hat eine Woche Zeit, sich zu befreien, Professor
Bell und drei Geistliche der verschiedenen in Jerusalem vertretenen Religionen
müssen das verhindern.
Sfar, der sich mit der Reihe klar in die Tradition von Jacques Tardis
Adèle stellt, erfindet und zitiert mit großer Lust am
Synkretismus unheimliche und groteske Gestalten, lässt etwa zwei der
Geistlichen erst einmal in Gläsern klein- und eingemacht auftreten.
Wunderbar auch der Besuch beim unter gewissen Konditionen hilfsbereiten alten
Teufel, der in eine Riesenbibliothek eingesperrt ist - die jedoch
ausschließlich mit Bibeln bestückt wurde. Religiöse Konnotationen
sind so allgegenwärtig, das Spiel, das Sfar damit treibt, ist jedoch
ganz säkular. Der Teufel und seine Gegenspieler - Gott, Gespenster,
Engel etc. - sind hier nur Figuren in einer Abenteuergeschichte, haben mit
Theologischem wenig im Sinn.
So recht zum Verlieben sind Sfars Zeichnungen. Er ist ein Meister
des Gestrichels, der unfertig scheinenden Figuren, die krumm und schief sind
wie die Hintergründe, des Flächig-Unperspektivischen - und doch
ist alles stimmig, gelingen insbesondere Stimmungswechsel in monochromen
Einfärbungen sehr überzeugend. Stark karikaturhaft, komisch, aber
nicht lächerlich, wie durch die Luft schwebende Marker der verweigerten
Perspektive sind Figuren in der Halbdistanz, gnomenhafte Schatten in groben
Umrissen wie auf Kinderzeichnungen: herrlich. Zeichnerisch wie erzählerisch
ist das alles von großem Einfallsreichtum - und zwar von der spontanen
Art, der man anmerkt, dass Sfar noch den albernsten Ideen gerne nachgibt,
egal, ob der Ton damit nun gebrochen, der Stil gewechselt wird. So ist das
ganze frisch und vergnüglich, ohne falsche Prätentionen: bitte
mehr davon. |