Marc-Antoine Mathieu erzählt eine Geschichte
aus Versatzstücken an Handlung und Ideologiekritik: Kafka, ein wenig
auch: Brazil, kommt einem ganz unvermeidlich in den Sinn angesichts der sinnlos
wuchernden, in unendliche Gänge und Treppen verzweigten Bürokratie.
Dazu kommt ein gutes Stück 2001 und Cyber-Punk, postmoderne Sprachtheorie,
Kritik an Allgegenwart der Medien, Verlust der Individualität des
austauschbar gewordenen Subjekts.
Im Zentrum steht ein passiver Held von kolossaler
Durchschnittlichkeit: Monsieur Houffe, der Brille, Nase, Schnauzer trägt
als wäre es eine Maske. Er wird zum Leiter einer Kommission ernannt,
die das bedrohliche Phänomen, von dem die Geschichte des Comic handelt,
gründlich beobachten soll. Das Phänomen: Mauern, die wie von selbst
mitten in der Stadt wachsen, Stadtviertel, Menschen voneinander trennen und
abgrenzen. Diese Abschottung - man kommt kaum umhin das als arg schlichte
Parabel auf Vereinzelung in der modernen Gesellschaft zu lesen - wird von
einer noch beunruhigenderen Katastrophe begleitet: die Menschen verlieren
ihre Fähigkeit zu sprechen, sich zu erinnern.
Beides, also: ihr zuinnerst Menschliches, haben sie abgegeben an einen
riesigen, als fetter schwarzer Betonblock in der Stadt sitzenden Supercomputer,
der nun das Gedächtnis der Bewohner besitzt und ist, ein Ort vom Materialen
abstrahierter Superkommunikation ohne Handlungs-Sinn und -Zweck. Monsieur
Houffe tut, was man mit Computern dieser Art seit 2001 tut: er schaltet ihn
ab, hier ganz ohne Sentiment. Seine, des Computers, Stimme kommentiert und
erklärt in unter den Panels mit Unterbrechungen fortlaufendem Text das
Ausmaß und die Gründe des traurigen Endes, dem sich die allenthalben
zugemauerte Stadt nähert.
All das ist arg simple und auch humorlose Gesellschaftskritik, wäre
einfach nur ärgerlich, gäbe es nicht die Bilder, die Marc-Antoine
Mathieu dafür findet. Die sind zwar kein bisschen weniger eindeutig,
aber ihr monumentales, in Muster und scharf geschnittene Flächen und
starke Kontraste verliebtes Schwarz-Weiß beeindruckt ein ums andere
Mal. Vieles auch an dieser Alptraumwelt ist Zitat, aus Metropolis zum Beispiel.
Dennoch: darunter sind Bilder von (und das allegorische für kann
man gelegentlich vergessen) Verlassenheit, von der Konfrontation des Individuums
mit scharfkantiger Stadtwüste, die eine Kraft haben, die letztlich nicht
über die Thesen siegt, ihnen aber doch einen gewissen Widerstand autonomer
Bedeutung entgegensetzen. |