Andreas Dresen: Die Polizistin
(D 2000)
Rezension von Ekkehard Knörer
Großen Worten aus dem Off über die Liebe, das Leben,
Schicksale, die man sich zuzieht wie eine Beule am Auto, folgen die
unprätentiösen Bilder aus einem Polizistinnen-Alltag, die die
Qualität von Andreas Dresens Film ausmachen und sogar die großen
Worte, die am Schluss eine Fortsetzung finden, legitimieren (vermutlich sind
sie dennoch überflüssig). Stark ist der Film im Detail und es sind
viele Details, deren Darstellung ihm gelingt: den Geschichten, die er
erzählt, ist durch den beiläufigen, gelegentlich sehr komischen,
nie jedoch auch nur ansatzweise zynischen Ton der Erzählung alle
Sentimentalität ausgetrieben, sie sind so traurig wie alltäglich,
im Zentrum das Drama um den 10jährigen Benny und die zerrütteten
Familienverhältnisse, in denen er
aufwächst.
..
Diese Geschichte reimt sich freilich erst nach und nach zusammen,
aus der Perspektive der ehemaligen brandenburgischen Postbeamtin und nunmehrigen
Polizistin in Rostock-Lütten-Klein, die der Film bei der Arbeit beobachtet,
als wäre er eine Dokumentation. Sachte im Hintergrund bleiben die narrativen
Schließungen der Mini-Plots, erst im Nachhinein erkennt man, wie kunstvoll
die Drehbuchautorin Anspielungen und Details zu einem zusammenhängenden
Plot verwoben hat. Auf der Bildoberfläche dominieren dagegen die Handkamera,
die körnigen Bilder, die durch sprunghafte Schnitte nachvollzogene Unruhe
des Polizei- und Polizistinnen-Alltags.
.
Die Polizistin ist keine Heldin und sie wird auch an keiner
Stelle dazu stilisiert. Sehr bewusst zieht der Film nirgendwo eine Trennlinie
zwischen Privatleben und Beruf - die Unmöglichkeit der Trennung von
beidem ist gerade das Problem, mit dem die Protagonistin es zu tun bekommt.
Ihre Unfähigkeit, ihre Persona zu spalten, kühle Distanz zu den
Objekten ihrer Arbeit zu entwicklen, die sich ein ums andere Mal als, und
wie kann es anders sein, Mitmenschen erweisen. Die dicke Haut", die
die Kollegen einfordern, wäre genau diese Fähigkeit zur Verrohung,
die den männlichen Kollegen, wie der Film mit - zum Glück - leisen
genderspezifischen Konnotationen zeigt, besser gelungen ist. Maik, Anness
Partner, führt diese Virtuosität im Errichten mentaler Schranken
in der klaren Trennung von Ehe- und Liebesleben gleich noch einmal vor. Dennoch:
Andreas Dresens Film verurteilt keine einzige der Figuren, mischt unters
Schwarz und Weiß mit menschenfreundlicher Gründlichkeit gezielte
Grautöne und verzichtet auf Schuldzuweisungen. Sein Blick, das wird
daran ein weiteres Mal deutlich, ist der seiner Heldin. Die, das muss einfach
erwähnt werden, in Gabriela Maria Schmeide eine großartige
Verkörperung gefunden hat.
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