Die Killer-Meute (Mario Caiano, Italien 1977)
Mit Die Killer-Meute öffnet Koch Media einmal mehr die
Schatztruhe des europäischen Genrekinos und lädt zur Reise in die
wunderbare Welt des italienischen Großstadtthrillers der 70er Jahre
ein. Damals hatte sich das trendbewusste, kommerzielle Kino Italiens nach
Ausflügen in den Sandalen-, Grusel- und Westernfilm für einige
Jahre mit harten Cops, schnellen Autos und brutalen Gangstern beschäftigt.
In den so genannten Polizieschi tummelten sich schnauzbärtige
Kotelletencops mit Fliegerbrillen begleitet von fetziger Beat-Musik, die
seit Mitte der 90er wieder verstärkt in den Lounge-Clubs zu hören
ist, vor Metropolenkulisse mit mediterranem Flair, ohne dabei sonderlich
auf die Gepflogenheiten der Dienstvorschriften zu achten. Der Zynismus, für
den das italienische Genrekino viel und oft verschrieen wurde, brach sich
hier, kurz bevor er mit den Splatterfilmen der späten 70er und frühen
80er vollends ins Groteske abbog, auf ganzer Linie Bahn.
Eine ganze Reihe namhafter Genre-Regisseure wie Umberto Lenzi, Enzo
G. Castellari, aber auch Mario Bava, dessen Rabid Dogs sich lose an den Komplex
anlehnen lässt, arbeitete unter anderem in diesem Subgenre. Mario Caiano,
Regisseur des vorliegenden Films und eigentlich als Realisateur eher
durchschnittlicher Genrekost bekannt, konnte einige stilbildende Arbeiten
vorlegen. In seinem Die Killer-Meute etwa werden wir Zeuge der beinharten
Ermittlungen des jungen Captain Beady (Leonard Mann, eigentlich Leonardo
Manzella) gegen den Schwerverbrecher Santorro (ein Wiedersehen mit Henry
Silva, den viele vielleicht noch aus der ersten Blütezeit von Home Video
und Kabelfernsehen kennen), der sich mit spektakulären
Raubüberfällen sein Casino-Budget aufbessert. Von den Bedingungen
der Polizeiarbeit zunehmend eingeengt, sieht sich Beady schon bald dazu
gezwungen, den vorschriftsmäßigen Weg zu verlassen ... |
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Natürlich ist der Plot nur Vorgabe, um eine ganze Reihe zum
Teil amüsanter, zum Teil in der Tat sehr versiert und wirkungsvoll
inszenierter Actionsequenzen abzurollen. Diese gestalten sich weitgehend
selbstzweckhaft und herzlich oft unmotiviert, was unter den Vorgaben dieses
Produktions- und Rezeptionszusammenhangs indes nur abzusehen ist und somit
Gültigkeit entwickelt. In der Tat ertappt man sich schon bald dabei,
dem eigentlichen Handlungsverlauf, der ohnehin nur krude und sprunghaft skizziert
ist, gar nicht mehr richtig folgen zu wollen, um die glücklicherweise
reichlich vorhandenen Actionsequenzen abzuwarten. Der Reiz des Films besteht
deshalb vor allem in einer souveränen Auseinandersetzung mit diesen
Spitzen: Da diese zwischen sehr gelungen und unfreiwillig amüsant
oszillieren, findet man sich schnell in der Position des überblickenden
Connaisseurs wieder, der aufgrund mangelnder Spannung und Dramaturgie auf
formale Eigenheiten und Auflösungen zu achten beginnt. Aufregend geraten
ist zum Beispiel eine Sequenz auf einem fahrenden Benzintransporter, die,
von der zum Mitschnippen animierenden und überhaupt sehr gut gelungenen
Musik von Francesco De Masi unterlegt, gerade in ihrer inszenatorischen
Unbehauenheit einiges an coolness zu entwickeln in der Lage ist. Ähnliches
gilt für eine recht breit angelegte Verfolgungsjagd quer durch die Walachei
in der Mitte des Films oder einige handfeste Auseinandersetzungen mit geballten
Männerfäusten. Von der Eleganz der etwa zeitgleich produzierten,
an Gewaltdarstellungen ebenso nicht armen Kung-Fu-Filme aus Hongkong fehlt
hier zwar natürlich jede Spur, doch gereicht gerade diese spezifische,
statisch-wuchtige Physis dem urbanen Stoff zum Vorteil.
Leider gestaltet sich die (Wieder-/Neu-)Entdeckung des Films auf der
vorliegenden DVD nicht gerade zur Lust. Schade ist dies vor allem, weil mit
Koch Media eigentlich ein für Qualitätsware bekannter Publisher
hinter der Veröffentlichung steht. Zum einen ist es aufs Höchste
ärgerlich, dass sich auf der DVD - entgegen aller Ankündigungen
im Vorfeld - nur die geschnittene Fassung des Films findet, die inhaltlich
mit der VHS-Fassung des Films aus dem Jahr 1986 identisch ist. Dass die
Liner-Notes im Booklet in großen Tönen den Umstand zelebrieren,
dass nun endlich, ja endlich die ungeschnittene Fassung auch in Deutschland
vorläge, trägt zu diesem Ärgernis entsprechend bei. Hier wurde,
was Jörg Bauer von Koch Media im firmeneigenen Forum bei
dvdinside bereits
selbst einräumte, schlicht schlampig gearbeitet.
Weiterhin fällt vor allem der Ton sehr negativ auf: Der bleibt,
trotz beherztem Griff zu den Reglern am Verstärker, dumpf, manche Spitzen
versagen gar völlig und der Ton bricht ins Übersteuerte mit
entsprechend verzerrtem Effekt um. Zudem ist der Film über die ganze
Laufzeit von einem leider Gottes sehr aufdringlichen Rascheln unterlegt,
das an konstantes Regengeplätscher erinnert. Dies nagt nicht nur an
der Konzentrationsfähigkeit des Zuschauers, sondern verwirrt zudem in
Szenen, die offen unter strahlend blauem Himmel spielen.
Immerhin ist die Bildqualität recht ordentlich gelungen: Zwar
war das Ausgangsmaterial nicht hervorragend, doch hat man sich sichtlich
bemüht, mit einem sauberen Transfer das Beste draus zu machen. So tauchen
zwar gelegentlich einige Altersspuren wie Lauflinien, Abnutzungen und die
eine oder andere Verschmutzung auf, doch wird der Filmgenuss dadurch kaum
gestört, im Gegenteil stehen solche Erscheinungen einem Film dieses
Kalibers als Patina gut an. Weiterhin ist das Bild zwar nicht sonderlich
scharf oder detailreich, dafür wissen die Farbwerte einigermaßen
zu überzeugen, auch die Kontraste überzeugen. Kompressionserscheinungen
waren nicht weiter auszumachen.
Bonusmaterial liegt leider, von ein paar Trailern zu anderen Filmen
aus eigenem Programm abgesehen, keines vor. Wie bereits kurz angesprochen
findet sich in der Hülle noch ein Faltblatt mit Liner-Notes eines namenlos
bleibenden Autors, die viele biografische Informationen zu den Beteiligten
beinhalten, dabei aber auch etwas unstrukturiert und konzeptlos aufgebaut
erscheinen. Dass diese qualitativ kaum empfehlenswerte Veröffentlichung
eine Ausnahme im ansonsten diesbezüglich stets überzeugenden Programm
des Publishers bleibt, steht abschließend zu hoffen. |
Technische Details
Bild: 1,85:1
Ton: Deutsch (Dolby Digital 1.0 Mono)
Untertitel: keine
Regionalcode: 2 / PAL
Laufzeit: ca. 85 Minuten (geschnittene Version)
Zusatzmaterial: Trailer zu bereits erschienen Filmen von Koch Media,
Booklet mit Linernotes
(Thomas Groh) |