DVD-Informationen bei Jump Cut

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Jump Cut Filmkritik
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Magazin für Film & Kritik

 
Werner Herzog: Fitzcarraldo (D/Peru 1982)

 

VÖ: 02.12.2003

Anbieter: Kinowelt Home Entertainment

Regie/Drehbuch: Werner Herzog

Darsteller: Klaus Kinski, Claudia Cardinale, José Lewgoy, Miguel Ángel Fuentes, Paul Hittscher u.a.

 

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DVD-Informationen
Fitzcarraldo (W-Deutschland/Peru 1982)

Eine der schmerzlichsten Lücken der hiesigen DVD-Landschaft stellte bislang das gemeinsame Schaffen von Werner Herzog und Klaus Kinski dar. Umso erfreulicher ist es, dass Kinowelt diese nun seit kurzer Zeit zusehends mit qualitativ ansehnlichen Veröffentlichungen stopft. Nach Nosferatu (Deutschland/Frankreich 1979) und Aguirre, der Zorn Gottes (Deutschland/Peru 1975) ist mit Fitzcarraldo dieser Tage nun auch das wohl spektakulärste (und gewissermaßen auch bezeichnendste) Werk dieser kreativen Liaison auf DVD erschienen. Woyzeck ist bereits für den Januar angekündigt (Besprechung folgt) und auch Cobra Verde wird wohl nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen.

Im hier vorliegenden Film erzählt Herzog im Urwald Südamerikas die Geschichte des irischstämmigen Unternehmers und Opernliebhabers Brian Sweeney Fitzgerald, genannt Fitzcarraldo (Kinski), der im Dschungel von Iquitos ein Opernhaus errichten und den Sänger Enrico Caruso auftreten lassen will. Die hierfür benötigten finanziellen Mittel will er mit einem waghalsigen Projekt auftreiben: Zum Spottpreis erwirbt er eine Kautschukplantage, deren Lage nahe eines kaum durchquerbaren Stromschnellengebiets sie an sich für den Handel wertlos macht. Mithilfe hunderter Indios macht Fitzcarraldo sich daran, seinen Mississippidampfer über einen Hügel zu ziehen, um so die Stromschnellen zu umgehen.

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Unnötig eigentlich, noch groß etwas über diesen Film zu schreiben: Er gehört seit langem zu den großen Klassikern der Filmgeschichte und sei es auch nur aufgrund der haarsträubenden Produktionsbedingungen. Das ist das interessante an diesem Film, der, wie kaum ein zweiter, das große Abenteuer, das er abbildet, auch zu dem Abenteuer seiner Urheber macht: Drei harte Jahre lang musste Werner Herzog sein waghalsiges Projekt vorbereiten, immer wieder teils niederschlagende Rückschläge einstecken, mit den weit weniger risikofreudigen Investoren hadern und die Dreharbeiten zum Teil über Monate hinweg einstellen, da ihm politische Widrigkeiten, krankheitsbedingte Ausfälle (eigentlich war Jason Robards in der Rolle des Fitzcarraldo vorgesehen, der allerdings nach drei Monaten Drehzeit aus gesundheitlichen Gründen unersetzlich ausfiel) und logistische Engpässe mehr als nur einmal einen Strich durch die Rechnung machten, von den täglichen Legende gewordenen cholerischen Anfällen Kinskis mal ganz zu schweigen. Und dann stand zum Ende hin noch der eigentliche Kraftakt an: Wie Fitzcarraldo zog auch Werner Herzog selbst mitten im Urwald, entgegen der Ratschläge seines Ingenieurs, der sich aus dem Projekt zurückzog, da er für die Sicherheit nicht mehr garantieren konnte, einen echten Dampfer über einen Hügel. Am Ende dann: Kraftvolle, nie aber pompöse Bilder, mehrere, teils schwere Verletzungen (unter anderem die gespaltene Hand von Herzog-Kameramann Thomas Mauch) und, wie es heißt, wohl auch Tote. Ein Film, der seinesgleichen sucht.

Schon allein aufgrund dieser bewegten Entstehungsgeschichte macht es Sinn, dass diesem Film, eigenartigerweise auch Herzogs humorvollster und fröhlichster, ein anderer zur Seite gestellt wurde: Les Blanks Die Last der Träume, zu finden auf der zweiten DVD, dokumentiert akribisch den beschwerlichen Schaffungsprozess von Fitzcarraldo. Und man muss sagen: Diese Dokumentation ist beinahe noch spannender, noch bewegender als der fertige Film selbst geraten. Die Dopplung des großen Abenteuers (freilich unter Ausklammerung des "großen Scheiterns", so ein lange schon im Zusammenhang mit Herzogs Filmen oft gehörtes geflügeltes Wort, das auf eine Kritik im Spiegel zu Aguirre zurück geht), die Les Blank da minutiös festhält, wäre an und für sich schon eine eigene Veröffentlichung wert. Wir erleben den im Verlauf zusehends alternden Herzog im Kampf mit der Natur, mit den Behörden, mit der argwöhnisch dräuenden Berichterstattung zuhause, mit den Widrigkeiten der Logistik: Angesichts der haarsträubenden Bedingungen, deren Zeuge man hier wird, ist es ein Wunder, nicht nur dass Fitzcarraldo überhaupt fertig gestellt wurde, sondern auch, dass der fertige Film derart entspannt in sich ruht, ja, sich gleichsam leicht erzählt. Eine Legende besagt, dass Herzog beim Schreiben des Drehbuchs von Fitzcarraldo sich selbst im Sinn gehabt habe. Und auch wenn Fitzcarraldo immer mit dem Antlitz Kinskis, der hier eine seiner besten Performances seiner Laufbahn bietet, verbunden sein wird, besteht nach Die Last der Träume kein Zweifel: Fitzcarraldo, das ist Herzog selbst.

Das Warten auf den Release hat sich gelohnt: Die zwei DVDs befinden sich in einem edlen Digipack, wie auch der schön gestaltete Schuber aus matter Pappe. Als kleines Bonbon gibt es noch ein authentischen Aufzeichnung im Dschungel nachempfundenes Beiblatt mit Notizen aus Werner Herzogs Tagebuch vom Vorabend des (ersten) Drehbeginns. "Gott helfe uns, Amen" beendet Herzog diese mit dem für ihn typischen halb-religiösem, halb-augenzwinkernden Pathos und gewährt so einen kleinen Einblick in die Gedankenwelt des Urhebers dieses wahnwitzigen Projekts. Angesichts dieser schönen Verpackung ist es ein wenig schade, dass der Film selbst nicht in idealster Qualität vorliegt, was zum nicht geringen Teil aber wohl auch im Alter des Films begründet liegt: Das Bild könnte gelegentlich eine Nuance schärfer sein, auch rauscht das Bild zwar nicht stark, aber eben doch spürbar. Davon sollte man sich aber nicht beirren lassen: Im wesentlichen ist das Bild absolut passabel, lediglich Hi-End-User mit ausgewachsenen Heimkinoanlagen mit Leinwand werden wohl Abstriche machen müssen. In der Bonusecke hat man sich, wie auch in den Releases aus der Reihe zuvor, wieder viel Mühe gegeben und allerlei interessante Dokumente zusammen getragen: Neben seltenen und dankenswerterweise bildschirmfüllenden Werkfotos von den Dreharbeiten kann man sich die (fiktive) Karte von Fitzcarraldos Reise näher betrachten oder aber teils köstliche Auszüge aus Kinskis Vertrag, die unter anderem besagen, dass kein Hahn im Camp des Teams gehalten werden dürfe, nachlesen. Außerdem gibt es einige tabellarische Drehberichte zu sehen, die auch schon auf der Ausstellung zu Herzogs Werk im Deutschen Filmmuseum Berlin im Jahr 2002 zu sehen waren. Ein echtes Schmankerl ist natürlich - wie auch in den vorangegangenen Veröffentlichungen der Reihe und neben der bereits erwähnten Dokumentation - der eigens für die deutsche Veröffentlichung nochmals eingesprochene Audiokommentar Werner Herzogs (für die Veröffentlichungen in den USA und England aus dem Hause Anchor Bay hatte Herzog seine Filme bereits auf englisch kommentiert) mit seinem langjährigen Freund und Wegbegleiter Laurens Straub, der die Filme damals als Verleiher in die Kinos brachte. Die langjährige Bekanntschaft der beiden kommt dem Zuschauer zugute, der mit einer wahren Fülle an Hintergrundinformationen, Anekdoten und technischen Erklärungen belohnt wird. Herzogs ruhige Stimme und seine bedachte Ausdrucksweise tun ihr übriges, um auch die erneute Sichtung des Films zu einem lohnenden Ereignis zu machen.

Mit dieser DVD hat Kinowelt Herzogs Film in Form eines regelrechten Archivs ein kleines Denkmal gesetzt: Ob man sich seinem Schaffungsprozess durch die Augen des Dokumentarfilmers nähert, ob man ihn nochmals vom Urheber selbst kommentiert Revue passieren lässt oder aber ob man ihn auch ganz für sich alleine stehen lässt: Fitzcarraldo bleibt ein in der Filmgeschichte einzigartiges Phänomen, das auch nach stundenlanger Beschäftigung nichts von seiner Faszinationskraft einbüßt.

Technische Details

DVD 1, Hauptfilm:
Bild 1,85:1 anamorph
Ton: Deutsch (Dolby Digital 5.1, Mono), Englisch (Mono)
Untertitel: -
Regionalcode: 2

DVD 2, Last der Träume Dokumentation
Bild 4:3 Vollbild
Ton Deutsch, Englisch (je Mono)
Untertitel: -
Regionalcode: 2

Zusatzmaterial:

Audiokommentar von Werner Herzog und Laurens Straub, Werkfotos, Trailer, Biographien, Auszüge aus div. Dokumenten, Trailer, Bonus-DVD

(Thomas Groh)