Sergio Corbucci: Keinen Cent für Ringos Kopf (Massacro al Grande
Canyon, Italien 1965)
Mit Django (1966) und Leichen pflastern seinen Weg (1968) schuf
der italienische Regisseur Sergio Corbucci unbestritten zwei Klassiker des
düsteren, nihilistischen Italowesterns, die ganz zu Recht zur Grundbildung
in dieser Gattung zählen. Mit Keinen Cent für Ringos Kopf
(1965) legt Koch Media nun einen etwas früher, noch in den Kindertagen
des Subgenres entstandenen Western des Filmemachers auf DVD auf, in dem es
noch etwas anders zugeht als in seinen Meisterwerken.
Zunächst ein großes Hallo: Der Film beginnt, wie andere Western
enden. Als der Revolverheld Wess (James Mitchum, Sohn von Robert, auf dem
Backcovertext fälschlicherweise als "Ringo" bezeichnet) auf einer Farm
ankommt, stellt er sich als Rächer seines Vaters heraus und richtet
die beiden Farmer, die für den Tod seines alten Herrn verantwortlich
sind. Aus dieser reizvollen Exposition schlägt der Film aber kaum Kapital,
sie dient ihm eher nur als Anheizer. Es geht ihm eher um eine recht typische
Geschichte der Verbrüderung des Helden mit einer Gruppe von Stadtbewohnern
gegen eine Gruppe Banditen, mit entsprechendem Ausgang.
Zwar arbeitet Keinen Cent für Ringos Kopf sichtlich auf seinen
Showdown voller Gewalt und Action hin - nicht umsonst heißt er im Original
sinngemäß "Massaker im Grand Canyon" -, doch bestehen noch einige
Unterschiede zu den späteren Western des Regisseurs. Die Landschaften
sind saftig-grün, die meisten Szenen sind hell ausgeleuchtet, Cowboys
tragen noch gestriegelte Hüte und Westen und ihre Gesichter sind nur
selten unrasiert. Von der Lust am groben Textil, an Schmutz und Siff, wie
sie für den Italowestern im Allgemeinen, für Corbucci im Besonderen
typisch ist, fehlt hier noch jede Spur. Auch die Tragik späterer Filme
wird kaum erreicht, Keinen Cent für Ringos Kopf ist somit klar als
Realisation einzuschätzen, die heutzutage wohl eher nur von historischem
Interesse ist. Interessant ist dieser frühe Gehversuch in "seinem" Genre
für Verehrer von Sergio Corbucci sicher allemal, doch sollte man kein
im Laufe der Zeit in Vergessenheit geratenes Meisterwerk erwarten.
Mit dieser DVD kehrt Koch Media, nach dem qualitativen Ausrutscher bei Die
Killer-Meute zum alten Standard zurück und legt eine nahezu rundum
gelungene Edition des Films vor, der man allein etwas mehr Bonusmaterial
gewünscht hat. Vor allem das Bild erweist sich als fabelhaft: Das tadellose
Ausgangsmaterial und ein sauberer Transfer lassen den Film gestochen scharf
erstrahlen. Die Technicolorfarben sind satt und kräftig - ein wahrer
Schmaus für Freunde des Materials. Gelegentlich wurde zwar Material
aus einem anderen Master verwendet, das qualitativ etwas abfällt, doch
ist dies selten genug der Fall, um nicht weiter zu stören oder gar den
positiven Gesamteindruck zu mindern.
Als etwas unvorteilhaft gestaltet sich der deutsche Ton, was aber dem Publisher
kaum anzulasten ist: Hier wurde der gesamte Ton ausgetauscht, was zuweilen
etwas hermetisch klingt. Vor allem der komplett neu eingespielte Soundtrack
zerrt zuweilen etwas an den Nerven: Eine verdächtig nach Keyboard klingende
Trompete spielt zu passenden wie unpassenden Momenten gleichermaßen
ein einfach gehaltenes, zwischen "triumphal" und "melancholisch" changierendes
Thema, das eher zu einem Heimatfilm passen würde. Auch die gesamte
Geräuschkulisse wurde offenbar durch Library-Sounds ausgetauscht und
klingt entsprechend künstlich, wie auch die Sprecher ihren Text reichlich
lieblos runterspulen. Hier ist auf jeden Fall die Originaltonspur vorzuziehen,
die wesentlich authentischer klingt und zudem mit ungleich passenderer
musikalischer Untermalung aufwartet, die sich allerdings, wie auch der Film
selbst, eher an der Überlieferung us-amerikanischer Standards orientiert
als an sich zu diesem Zeitpunkt bereits entwickelnden spezifisch italienischen.
Das Bonusmaterial erweist sich als eher schlicht: In einer Bildergalerie
gibt es einige historische Werbematerialien anzusehen, die
erwartungsgemäß recht schick ausfallen, außerdem gibt es
Fotos von den Drehorten zu begutachten. Die Angaben auf der Rückseite
der DVD sind im übrigen irreführend: Die englische Tonspur wird
dort nicht erwähnt, ist aber vorhanden. Auch das Bonusmaterial ist nicht
komplett aufgeführt. Kein großes Ärgernis, aber dennoch
vermeidbar gewesen: Die Funktion "Film Fortsetzen" führt im Bonusmenü
nicht zurück zum Film, sondern spult erneut die Bildergalerie ab. Von
diesem kleinen Fauxpas abgesehen aber eine rundum überzeugende DVD,
die vor allem Fans des Subgenres, die an einer historischen Aufarbeitung
desselben interessiert sind, ohne weiteres empfohlen werden kann.
Thomas Groh
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