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Jump Cut Filmkritik
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Magazin für Film & Kritik

 
Rainer Werner Fassbinder/Michael Fengler: Warum läuft Herr R. Amok? (Deutschland 1970)

 

VÖ: 20.07.2004

Anbieter: Kinowelt/Arthaus

Regisseur: R.W. Fassbinder

Darsteller: Kurt Raab, Lilith Ungerer, Harry Baer, Franz Maron

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DVD-Informationen
Rainer Werner Fassbinder/Michael Fengler: Warum läuft Herr R. Amok? (Deutschland 1970)

Warum läuft Herr R. Amok? ist nur auf den ersten Blick ein im Werk außergewöhnlicher Fassbinderfilm. Das formal Ausgeklügelte und theaterhaft Gestelzte, wie man es aus anderen, gemeinhin als "typisch" wahrgenommenen Filmen kennt, wird hier durch eine oft an amateurhafte Privataufnahmen erinnernde Kameraarbeit und improvisierte Dialoge ersetzt. Beinahe schon episodisch und ohne als solche nennenswerte Narration schildert Fassbinder mit seinem Team den Alltag von Herr R. (der wie stets großartige Kurt Raab), einem technischen Zeichner in einem Architekturbüro und sprachlich nicht sonderlich belecktem Spießbürger. Das alltägliche in den Bildern, das oft schon einschläfernd undramaturgisch wirkt, entwickelt - nicht zuletzt bedingt durch den Titel des Films, der den Endpunkt stets im Raum stehen lässt - trotz allem eine gefährliche Spannung, die sich an der mangelnden Dramaturgie effektiv reibt.

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Mit dem Werk Fassbinders verbindet den Film letztendlich das Anliegen: Ein Bloßstellen spießbürgerlicher Muffigkeit der post-wirtschaftswunderbaren Jahre, inklusive der Beschädigungen, die diese untergründig mit sich bringt. Dass der Film dabei auf eine Kausalstruktur verzichtet, diese schon allein durch seinen Titel nicht in Aussicht stellt, gereicht ihm dabei natürlich zum Vorteil, machte ihn aber seinerzeit auch zum Gegenstand zahlreicher Kontroversen: Unvermittelt erschlägt Herr R., dieser Prototyp des normalen, unauffälligen eher etwas ungelenken Kleinbürgers, Nachbarin, Gattin und Sohn vor laufendem Fernsehgerät mit dem Kerzenständer. Er selbst richtet sich auf der Angestelltentoilette seiner Arbeitsstätte. Seine Kollegen, die Polizei: Ratlos.

Kinowelt/Arthaus baut seine kleine Fassbinder-Reihe mit dieser gelungenen Edition weiter aus. Von Bild und Ton sind aufgrund der bewussten Ästhetik des Films natürlich keine Referenzleistungen zu erwarten, können vor diesem Hintergrund aber weitgehend bestehen. Allerdings hätte das Bild ein klein wenig rauschfreier ausfallen können. Als ganz besonderes Extra findet sich auf der DVD das spielfilmlange Fassbinderportrait Ich will nicht nur, dass ihr mich liebt von H.G. Pflaum, dem Filmkritiker der Süddeutschen Zeitung. In diesem montiert Pflaum historische Aufnahmen von Fassbinder selbst, Interviews mit Hinterbliebenem aus Fassbinders Umfeld und Szenen aus Fassbinders Filmen zu einer ungemein dichten und sichtlich von ihrem Gegenstand eingenommenen Respektbekundung, die man jedoch auch, so man will, für ihre Vorgehensweise, Aussagen der Gesprächspartner mit Spielfilmszenen zu unterstreichen und so letzteren zum Teil prophetischen Charakter zuzusprechen, kritisieren könnte. In manchen Momenten gelingt dies zwar ohne Zweifel, wenn aber ein Interview des sichtlich von seinem Aidsleiden gezeichneten Kurt Raab mit einer Sterbeszene, die er Jahre zuvor für Fassbinder gespielt hat, verstärkt wird, erscheint das nicht nur tendenziell manieriert, sondern auch geschmacklos. Dennoch ist der Film ohne Zweifel ein wichtiges Dokument, das Essenzielles über Fassbinder auszusagen vermag. Gut, dass Kinowelt diesen Film zumindest über den Umweg des Zusatzmaterials wieder verfügbar gemacht hat.

Thomas Groh

Technische Details

Bild: 1,33:1
Ton: Deutsch (Dolby Digital 1.0 Mono)
Untertitel: keine
Regionalcode: 2/PAL
Laufzeit: ca. 84 Minuten

Zusatzmaterial

Biografie von R.W. Fassbinder, Portrait "Ich will nicht nur, dass ihr mich liebt"

Weiterführende Links:

Fassbinder Foundation