BUCH DES MONATS  AUGUST

Frank McCourt: Ein rundherum tolles Land

Frank McCourt: Ein rundherum tolles Land

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Frank McCourts Erstlingswerk, die Romanautobiografie „Die Asche meiner Mutter" war der seltene Fall eines Weltbestsellers von hoher literarischer Qualität. Sein Gelingen lag vor allem in einem sehr spezifischen Ton, in dem Weltsicht und Perspektive des jungen Frank schlüssig, ja bezwingend eine ganz eigene Welt heraufbeschworen. McCourt hatte lange um diesen Ton gerungen und war bei der Veröffentlichung des Buches immerhin schon beinahe 70 Jahre alt. Den Nachfolger hat er nun in vergleichsweise kurzer Zeit geschrieben - und leider hat er bei weitem nicht die Qualität des Erstlings.

Und das hat unmittelbar wieder mit dem Ton des Buchs zu tun, der zunächst recht nahtlos an die Naivität des kleinen Frank anzuknüpfen versucht. Die alte Schlüssigkeit will sich freilich nicht einstellen. Natürlich sind viele der Anekdoten von den ersten Versuchen, in New York Fuß zu fassen, von seinen Erlebnissen in der Armee, von seiner Liebe zu Alberta, und von seinem Schicksal als Highschool-Lehrer nett, interessant allemal, aber mehr und mehr kommt einem das ganze wie ein Sammelsurium vor, dem es nicht nur an der Mischung aus Komik und Tragik mangelt, die den ersten Band so besonders machte. Schlimmer noch sind gelegentliche Anflüge von Geschwätzigkeit, von ermüdenden Wiederholungen von Formulierungen, die schon bald für Ungeduld sorgen. Noch der 25jährige Ich-Erzähler glaubt ständig, mit den ewigen Fiedlerfürzen Punkte in irischer Unbekümmertheit sammeln zu müssen - und reduziert sich damit fast schon aufs Klischee. Und wenn er in etwa demselben Alter statt Sex immer wieder nur „die Aufregung" schreibt, dann kann man die gewitzte Ich-Erzähler-Figur des ersten Bandes gerade in der gewollten Imitation kaum wiedererkennen.

Mit zunehmender Dauer schreibt sich McCourt frei von der Pseudo-Naivität des ersten Teils, die einen fast glauben ließ, der Held regrediere, statt erwachsen zu werden (ohne dass man den Eindruck hat, dass genau das bezweckt gewesen sei). In der Beschreibung des Lehrerdaseins ist der Erzähler endlich auf Augenhöhe mit der Intelligenz seines Autors, manches gerät dann durchaus bewegend - wenngleich nur in einigen wenigen Szenen gegen Ende die Dichte von „Die Asche meiner Mutter" erreicht wird. Bezeichnenderweise hat das Buch seine besten Momente wieder in der Beschreibung des Verhältnisses zur ebenfalls nach New York übergesiedelten Mutter. Gnadenlosigkeit und Liebe halten sich hier - komplex wie sonst kaum - die Waage, und endlich entsteht auch im Leser jenes Durcheinander von Mitgefühl und Ablehnung, das er über weite Strecken vermissen musste.

Frank McCourt: Ein rundherum tolles Land. München 1999

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engl.: Frank McCourt: Tis. A Memoir. Taschenbuch.ca. DM 54

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