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Die Frau auf der Brücke
F 1999
Regie: Patrice Leconte
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"Blind", sagt der Messerwerfer
in einer Szene zum Angestellten des Varietédirektors, um diesem seine
Nummer zu verkaufen. "Blind." Und dann: "Maximum risk." Was damit gemeint
ist, wird allen, dem Angestellten, dem Direktor, den Varieté- und
den Filmbesuchern und last but not least der schönen Zielscheibe, erst
klar, als der Messerwerfer bereits auf der Bühne steht. Blind arbeiten
heisst nicht: mit verbundenen Augen werfen, sondern: auf einen verhüllten
Körper werfen, seinen Umriss mit Hilfe der Messer nachziehen; eine
hocherotische Sache, versteht
sich.
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Versteht sich. Aber nur für
den Fall, dass es sich nicht verstehen sollte, wird der Film auch eine Szene
enthalten, in der die Analogien zwischen dem artistischen und dem sexuellen
Akt auch für die etwas Langsameren evident werden. Ein Streifchen Softporn
mit allem, was dazugehört. Geöffnete Lippen, flatternde Lider,
Keuchen, Stöhnen, Schweiss, lustvoll verrenkte Gliedmassen und ein
schöner hysterischer Bogen zum Abschluss; danach entspannte Züge
und ein einverständliches Lächeln auf den Gesichtern der beteiligten
Parteien. (Ob eine Zigarette geraucht wird, weiss ich nicht mehr.) In Fragen
der visuellen Vermittlung ist es besser, kein Risiko einzugehen, und wenn
"maximum risk" die Devise des Messerwerfers ist, so ist die des Regisseurs
Leconte: "minimum risk" oder: Warum nur andeuten, was sich doch
unmissverständlich klarmachen lässt, in Bildern, in Worten, in
Bildern u n d in Worten, wenn es besonders wichtig ist?
Eins geteilt durch zwei ist zweimal eins und
weniger als nichts. Eins ist mehr als zwei, wenn das Eine aus zwei Hälften
zusammengesetzt ist, die für sich nichts wert scheinen und zusammen
alles vermögen. Man demonstriert das am besten mit Hilfe eines Geldscheins,
der in der Mitte durchgerissen und dann von Zauberhand wieder zusammengesetzt
wird. Man führt die Demonstration wortlos durch (da man überhaupt
ein schweigsamer Typ ist, enigmatisch und mit verschattetem Blick und so
weiter), aber es schadet nicht, wenn später irgend jemand noch einmal
auf diesen Geldschein zurückkommt und gesprächsweise erklärt,
dass es Fälle gibt, in denen zwei Hälften nur zusammen, etc, etc.
Schadet gar nicht. Ein wenig vielleicht, wenn sich das Prinzip, das die
Geschichte vom Messerwerfer und seiner schönen Zielscheibe organsiert,
schon vor einer halben oder einer ganzen Stunde erschlossen hat, aber warum
sollte das so sein und, schrecklicher Gedanke, welchen Sinn würde es
dann machen, die Geschichte noch weiter
fortzusetzen?
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So setzt sie sich also fort. In schwarz-weiss und in
Aufnahmen, die mancher poetisch nennen würde und berückend schön
und ein anderer ästhetizistisch und ein bisschen überstilisiert.
Exquisite Gefühle bedürfen bekanntlich der exquisiten Bildgestaltung,
der wohlgesetzten Worte ausserdem und einer gewissen Symmetrie zwischen Anfang
und Ende, die deutlich macht, dass sich hier nicht nur e i n
K r e i s s c h l i e s s t und e i n S c h i c k s a l
e r f ü l l t, sondern auch ein Film zuende geht, der in seiner
Hingabe ans Überdeutliche nichts, aber auch gar nichts dem Zufall
überlassen will. Erstaunlich eigentlich, denn es gehört zu den
ersten Lehren dieser heillos verschenkten Geschichte, dass das Glück
niemals den verlässt, der es bis an die Grenze des Möglichen und
darüber hinaus strapaziert.
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