Joseph Conrad: Jugend
Der Abstand von zwanzig Jahren taucht die Geschehnisse in „Jugend“ in ein Zwielicht, verleiht ihnen das Pathos des Elegischen, behauptet zugleich die Prägekraft für das Leben, das nun zwischen dem sich Ereigneten und der Gegenwart liegt, die die Verzauberungskraft der Jugend hinter sich gelassen hat. Wie in einem Ritual der Erinnerung flicht der Erzähler, Marlow, immer wieder eine Anrufung ein, „O Jugend“, distanziert sich von dem, der er war, und steigert das Erlebnis zugleich und ganz zu Beginn zur Metapher fürs Leben als Ganzes. Der Abstand gibt Bedeutung, aber nicht mehr, wie damals empfunden, als unmittelbaren, unauslöschlichen Eindruck, sondern als Deutbarkeit des Geschehenen in der Perspektive des Älteren, der sich und das, was ihm widerfahren ist, zur conditio humana aufrundet. Er rückt individuell von sich ab, um in dieser Person, gerade indem er von ihr abrückt, doch die allgemeinen Gesetze der Jugend zu erkennen. Dies ist also der klassische Fall eines, wenn man es so nennen will, symbolischen Schreibens, das jedes der konkret beschriebenen Details recht unvermittelt zur Aufladung mit Abstraktion präsentiert. (Und dass er den Soldaten dem Philosophen vorzieht, wie es einmal heißt, ist nur die halbe Wahrheit: es geht um eine Soldaten-Philosophie.)
Das Schiff wird zum Schiff des Lebens und der Osten, in den es mit Ach, Krach und einer Katastrophe nach der anderen unterwegs ist, wird in der Begegnung zum Moment des "Othering" schlechthin. Das Andere, am Ufer, die dunklen Gesichter, tritt auf als Masse, die symbolisch wieder nur für eines steht, eben den "Osten", der nichts als das Andere ist und dann, ohne zu sprechen, spricht, mit einer verallgemeinerten Stimme, aus einem verallgemeinerten Mund, Begegnung mit der Fremdheit schlechthin. Dieser Osten steht für die Ankunft nach jenem "rite de passage" von der Unschuld zur Ahnung, für das Gemachthaben einer Erfahrung also, die zwanzig Jahre später erzählbar sein wird. Die Unschuld ist Gefährdung durch Ahnungslosigkeit, aber auch ein instinktives Wissen um rechte Momente, in denen der Held das Kommando an sich reißt und den alten Männern, dem Kapitän und Mahon, den Weg vorgibt; ein Generationenwechsel. Die See und die Jugend machen den Mann und die Melancholie, mit der er, wenn er’s dann ist, auf sie zurückblicken kann: "Our faces marked by toil, by deceptions, by success, by love; our weary eyes looking still, looking always, looking anxiously for something out of life, that while it is expected is already gone—has passed unseen, in a sigh, in a flash—together with the youth, with the strength, with the romance of illusions."
Das Schiff wird zum Schiff des Lebens und der Osten, in den es mit Ach, Krach und einer Katastrophe nach der anderen unterwegs ist, wird in der Begegnung zum Moment des "Othering" schlechthin. Das Andere, am Ufer, die dunklen Gesichter, tritt auf als Masse, die symbolisch wieder nur für eines steht, eben den "Osten", der nichts als das Andere ist und dann, ohne zu sprechen, spricht, mit einer verallgemeinerten Stimme, aus einem verallgemeinerten Mund, Begegnung mit der Fremdheit schlechthin. Dieser Osten steht für die Ankunft nach jenem "rite de passage" von der Unschuld zur Ahnung, für das Gemachthaben einer Erfahrung also, die zwanzig Jahre später erzählbar sein wird. Die Unschuld ist Gefährdung durch Ahnungslosigkeit, aber auch ein instinktives Wissen um rechte Momente, in denen der Held das Kommando an sich reißt und den alten Männern, dem Kapitän und Mahon, den Weg vorgibt; ein Generationenwechsel. Die See und die Jugend machen den Mann und die Melancholie, mit der er, wenn er’s dann ist, auf sie zurückblicken kann: "Our faces marked by toil, by deceptions, by success, by love; our weary eyes looking still, looking always, looking anxiously for something out of life, that while it is expected is already gone—has passed unseen, in a sigh, in a flash—together with the youth, with the strength, with the romance of illusions."