Eszter Salomons von ihr und Xavier Le Roy choreografiertes Solo
hat zwei Teile, durch die Pause und auch den Stil klar voneinander getrennt.
Der erste Teil, ironisch Giszelle genannt, ist ein fortlaufendes Stück,
dessen Gesamtthema man am besten als Ausstellung von Übergängigkeit
beschreiben könnte: es geht um Übergänge zwischen verschiedensten
Posen, Szenen, Ausdrücken, Bewegungen. Thematisch ist dabei viel, vielleicht
allzuviel geboten. Der Übergang vom äffischen zum menschlichen
Gang, Charcotsche Hysterie-Pose, klassisches Ballett, laszives Herumliegen,
männliches Pinkeln, Moonwalk und Breakdance, hin und her und kreuz und
quer wird das entwickelt und - ohne musikalische Begleitung - ineinander
überführt, unterbrochen nur durch kurze Ansagen der Tänzern:
Black" - Lights". Die Abfolge läuft auf wenige Minuten extremer
Steigerung zu, in denen nur noch Ausschnitte, Versatzstücke des entwickelten
Vokabulars kurz angedeutet werden, aufleuchten, sich rasant aneinander reihen
- und sich durch Anähnelung im Handumdrehen zu faszinierenden Kombinationen
fügen. Darauf dann extreme Drosselung, Herunterfahren des Tempos in
Zeitlupe. Salomon tanzt das überaus virtuos, es ist ein großes
Vergnügen, ihr zuzusehen: eine Minimalisierung der Posen-Bandbreite
jedoch wäre wohl sinnvoll gewesen.
Der zweite Teil trägt dann eine ganze kokette Palette von Titeln,
die darauf hinauslaufen, dass es sich hier um Überreste, Fragmente,
Nicht-Zu-Ende-Gedachte Bruchstücke aus Giszelle handelt. Das scheint
eher ironische Geste als treffende Beschreibung, denn dieser zweite Teil
ist von durchaus eigenständiger Machart - und hier wird Le Roy seinem
Ruf gerecht, der Choreograf getanzter Theorie zu sein. Was vorgeführt
wird, ist ein Stülpen von Inwendigkeit nach Außen und zurück,
ein Ausstellen des Kleid(ungs)-Anteils am Subjekt. Im Mittelpunkt weniger
die Solotänzerin Salomon als eine riesige hässliche Plastiktasche.
Daraus holt Salomon Krücken, aus denen später die Beine einer Puppe
werden, die sie aus einer zweiten Kleiderhaut und Zweitperücke, aus
denen sie sich erst selbst schält, zusammenbaut. Zwillings- und
doppelgängerhaft stehen dann die Puppe und die Tänzerin an der
Wand, die reglose Tänzerin und ihr unbelebtes Double. Danach begibt
sich Salomon selbst in die Tasche, Reisverschluss zu und kugelt als
merkwürdiges Taschentier über die Bühne. Sie streckt irgendwann
den Kopf wieder raus, der komischste Moment. Was dann noch folgt, ist sozusagen
der Chill-Out, zehn Minuten hochvirtuos geschlenkerte Ausstellung von
nichtvirtuosem Getanze. |