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Rezensionen: Dan Simmons: Hyperion |
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REZENSIONDan Simmons: Hyperion
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Hyperion, das Zentrum der von Dan Simmons geschaffenen Welt, ist alles andere als das Zentrum der Hegemonie im Jahr 2700. Nach der Zerstörung der Erde - durch The Big Mistake", wie es lakonisch heißt - haben sich die Menschen über weite Strecken des näher und ferner gelegenen Alls verteilt und unterschiedlichste Planeten besiedelt. Innerhalb des Kerngebiets der Hegemonie hat man eine Art Dichtezone errichtet, die dem Gesetz der Hegemonie untersteht, in der man mittels einer in ihrem physikalischen Funktionieren nur wenigen verständlichen Reiseform des Farcasting im Handumdrehn von einem Ort an den anderen gelangt. Hyperion liegt außerhalb dieser Kernzone, eine bestimmte Anomalie aber macht es zum Brennpunkt des Interesses aller - nicht zuletzt der sogenannten Ousters, eines feindlichen Volkes, das als einziges unter den vielen ausgesiedelten Menschenvölkern einen evolutionären Sprung gemacht hat und nun mit einem Angriff auf Hyperion die Hegemonie bedroht. Die Anomalie ist eine der Zeit und hat ihre Allegorie in der mörderischen Gottheit, dem Shrike, der die Fähigkeit hat, den Fluss der Zeit anzuhalten. Vor allem durch ihre Begegnungen mit dem Shrike ist dieser fremde Ort, diese Provinz am Ende der Welt, für alle sechs Hauptfiguren des Romans in der einen oder anderen Weise ein Schicksalsort, der Ort eines Traumas oder einer Erlösungshoffnung - oder beides. Jede der Figuren hat ihre Geschichte - und zwar buchstäblicher, als die Redensart nahelegt, denn Simmons' Roman setzt sich, in formaler Anlehnung an Chaucers Canterbury Tales, aus den Bekenntnissen, den Erzählungen der Hauptfiguren zusammen, die den Pilgerweg zur Schreckensgottheit von Hyperion immer wieder unterbrechen. Nicht ohne narrative Raffinesse holt Simmons so die Vergangenheit in Form von Vorgeschichten in die Erzählgegenwart herein. Vor-Geschichten, die zum Verständnis dieser Pilgergruppe im Angesicht des bevorstehenden Kriegs notwendig sind. Diese sechs Geschichten haben nun - gesamtnarrativ - den Charakter von Unterbrechungen des Geschehens, sind aber von durchaus vielfältiger (und unterschiedlich gelungener) Machart. Während die Geschichte des Priesters über weite Strecken eine pseudo-ethnologische Beschreibung eines degenerierten Stammes auf Hyperion mit einem merkwürdigen Kreuzritual ist, präsentiert sich die Geschichte des Kriegers als Liebesgeschichte, eine platte Männerphantasie mit sich spät offenbarenden Widerhaken, die des Dichters als in die Hoffnung auf Erlösung auslaufende Literatur- oder Literaten-Satire mit kulturkonservativen Untertönen. Die Erzählung der einzigen Frau ist ein Pastiche einer Detektivgeschichte inklusive Fortführung des den ganzen Roman durchziehenden Keats-Leitmotivs. Im Schlusskapitel, der Geschichte des Konsuls, verbinden sich eine (wiederum eher wenig subtile) Liebesgeschichte und politische Aspekte, die bisher eher im Hintergrund standen. Es kommt zu einer, im vorigen Kapitel bereits angedeuteten, Neuperspektivierung des bisher entstandenen Bildes der Hegemonie, zum Eintrag düsterer Farben ins bis dahin eher leuchtende Porträt einer zwar zentralisierten, neoliberal strukturierten Staatengemeinschaft. Simmons größte Leistung wird daran noch einmal deutlich: Schwächen hat der Roman in vielen Details, sprachlich kommt er übers Klischee selten hinaus. Stark aber ist die durch langsame Anreicherung des Gesamtbildes aus sehr verschiedenen Perspektiven zustande kommende Sättigung des Universums mit vielen interessanten Aspekten. Und es geht dabei weniger um die Lüftung eines Schleiers als um die Balance durch eine gegenseitige Relativierung der Einzelgeschichten. Der Boden für die Fortsetzung ist also bestens bereitet.
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