'Juha', der Nachfolger von Kaurismäkis Meisterwerk
'Die Wolken ziehen vorüber, ist ein
nettes, aber in sich widersprüchliches Filmexperiment. Auf der einen
Seite steht der krude
Naturalismus der zugrundeliegenden Dreiecksgeschichte, in der Vorlage
mutmaßlich sowas
wie finnischer Zola, mit ihrem melodramatischen Appell ans Mitgefühl,
auf der anderen die
hohe Artifizialität der Form: Stummfilm, Schwarzweiß,
zitatgesättigt. |
Wie das eine zum anderen sich verhält, ist nicht
klar. Zum einen scheint es um etwas wie
Pseudo-Mimesis oder -Entspechung zu gehen. Der Film begibt sich auf den Stand
des
Mediums von 1915, das Jahr, in dem das Buch erschienen ist. Zugleich nimmt
er in einem
Schnelldurchlauf per direktem und indirektem Zitat die ganze Filmgeschichte
in sich auf,
konterkariert also die 'Authentizität' durch das formale Experiment
und wird dadurch zu
dem was in der Postmoderne-Theorie 'Pastiche' genannt wird, spielerische
Pseudo-Mimikry.
Zwischen den Fronten von Spaß und Ernst geht er dabei einen etwas
merkwürdigen Mittel-
Weg, der mitten durch die beiden Hauptdarsteller zu gehen scheint. Kati Outinens
Spiel
wirkt weder ironisch noch outriert - sie offenbart sich als die
Stummfilmschauspielerin,
die sie immer schon gewesen ist. Allerdings war ihr stummes Spiel nie Zitat
des expres-
siven Stils des Stummfilms. Als solches ist hingegen das mitunter etwas ratlos
wie sym-
pathisch unbeholfen wirkende Chargieren von Sakari Kuosmanen als Juha angelegt.
Und
auf diese unentschiedene Weise spielen sowohl die Hauptdarsteller als eigentlich
auch der
ganze Film ständig irgendwie aneinander vorbei. Dem Pathos der
durchgängigen Musik
widersprechen die immer wieder eingestreuten ironischen Tupfer der Tonspur,
die Türen-
knallen, Axtschleifen, Schüsse, sonst aber nichts diegetisch aufzunehmen
bereit ist. Die
mythische Überhöhung der gänzlich unindividualisiert bleibenden
Figuren wird von Anbeginn
an unterlaufen. Diese Selbstsubversion mag beabsichtigt sein, man fragt sich
nur, wo genau
ihre Pointe liegen soll. |
Und so ist 'Juha' ein bißchen das, was in Woody
Allens Oeuvre 'Zelig' ist, ein hübsches Nebenwerk,
das in erster Linie von Leuten geschätzt werden wird, die Interesse
an kleinen Experimenten
haben. Eine virtuose Fingerübung, deren interessantester Effekt eine
gewisse Ratlosigkeit ist, ein
Experiment darin, wie man Geschichten an allen eingefahrenen Rezeptionshaltungen
vorbeier-
zählen kann. Von Mißlingen oder Gelingen kann man dabei kaum
sprechen. |