Das geheimnisvolle Kleid (r: alex van warmerdam niederlande 1996)
Kritik von Ekkehard Knörer Auf der Suche nach einem roten Faden in diesem Film bekommt man nichts in die Hand als das titelgebende Stück Textil. Am geheimnisvollsten daran ist, wie der nach 'Abel' und 'Norderlingen' (die ich leider beide nicht kenne) durchaus als Hoffnungsträger nicht nur des niederländischen Films gehandelte Alex van Warmerdam auf die Idee kommen konnte, einen ganzen langen, viel zu langen Spielfilm an diesen seidenen Faden zu hängen. Der Film ist strukturiert als Reihe von Episoden mit wiederkehrenden Figuren und diesem blauen Leitmotiv mit Phantasie-Blättern, dessen Biografie sozusagen erzählt wird. Das Kleid erweist sich dabei als wahres Nessus-Hemd, und nachdem es seinem Schöpfer den Job gerettet hat, zeigt es sich außerordentlich bösartig. Eine Reihe seiner Trägerinnen bringt es glatt um, andere werden zum Ziel männlicher sexueller Aggressio- nen. |
Das eine sich durchziehende Motiv sind denn auch die Geschlechterverhältnisse, die von Unfähigkeit zu Nähe und Kommunikation geprägt sind. Mehrmals sehen wir Paare, die am Ort größter Intimität, im Bett, nicht zueinander finden. Mit Kleid oder ohne Kleid. Jung oder alt. Eine Figur, der von Warmerdam gespielte Zugschaffner, im besonderen hat es auf das Kleid abgesehen, bzw. auf seine Trägerinnen., und welche Bedeutung diese Differenz hat, ist nicht ohne weiteres klar. Gerade die Austauschbarkeit hat sich der Film zum Prinzip gemacht, ohne doch den Fetischcharakter des Kleides auf originelle oder überzeugende Weise herauszuarbeiten. Einmal auf der Spur dieses Fetisch, wird der Schaffner, nicht mehr loslassen können und erst eine, dann eine andere junge Frau bedrängen, auf eine seltsam zugleich zu- dringliche und passive Weise. Ein Interesse an dieser Figur, über die man weiter gar nichts erfährt, kommt nicht auf und irgendwann ist er,bis er die in der Tat ganz hübsche Schlußpointe haben wird, wieder verschwunden. |
Sowenig wie in ihn läßt sich in eine der anderen Figuren, den Modedesigner, den per- versen Schneider, den Maler, die jungen Verbrecher (wo kommen sie her, wo gehen sie hin), den Gärtner, die Frau des Malers, die junge Frau in dem einsamen Haus, die beiden Obdachlosen (der Mann war zuvor als Modemensch, dann im Zug als Verkäufer zu sehen. Aber eine Biografie ergibt das nicht), in keine von ihnen mag man irgendwelches Interesse investieren. Und wenn sie schon einzeln keinen rechten Sinn machen, so er- scheint ihre Reihung noch viel sinnloser, zumal das ganze keinen eleganten Reigen, sondern eine bloße, filmisch noch dazu sehr ungelenke Addition ergibt.
12.11.1998 |
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