Nippon Conncetion  2002

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Nippon Connection 2002

Sie finden ausführliche Kritiken zu den folgenden im Bericht erwähnten Filmen:

Kinji Fukasaku:
Battle Royale

Takashi Miike:
City of Lost Souls
Ichi, der Killer

Rintaro:
Metropolis

Shinsuke Sato:
The Princess Blade

Toshiyaki Toyoda:
Blue Spring

 

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Zur Druck-Version Nippon Connection Frankfurt (Main) 2002
Bericht von Ekkehard Knörer

Battle Royale

zum Schwerpunkt Japan

Fast alles gab es bei Nippon Connection zu sehen, was das jüngere japanische Kino zu bieten hat, nur eines nicht (mit der Ausnahme vielleicht von Metropolis und The Princess Blade): Mainstream-Filme. Das Angebot reichte vom gut gemeinten, aber allzu bieder inszenierten Hush!, der die Geschichte um ein Schwulenpaar mit dem Wunsch einer Frau nach einer Samenspende etwas unglücklich kreuzte bis zu zwei neueren Filmen des viel gehassten und viel verehrten Takashi Miike (Audition), dem man eines (neben mangelnder Produktivität) jedenfalls auf gar keinen Fall vorwerfen kann, dass er nämlich Rücksichten auf irgend etwas anderes als seine eigene Lust und Laune nähme. In City of Lost Souls versetzt er ein brasilianisch-chinesisches Paar mitten hinein in einen Drogenkrieg zwischen Yakuza und Triaden, ohne dass der Film je den am Anfang nur scheinbar ironisch herbeizitierten Charakter eines Westerns verlöre. Ich the Killer, der zweite Film von Miike, ist ein einziges Blutbad, eine Splatter-Orgie, die einem erst komisch, bald aber in ihrem finsteren Menschenbild beinahe abgründig vorkommen will.

Gezeigt wurden Shunji Iwais von seinen Fans mit ein wenig Enttäuschung aufgenommener neuester Film, All About Lily Chou Chou und Shiori Kazamas wunderbare Liebesgeschichte The Mars Canon (beide haben wir bereits bei der Berlinale besprochen), aber auch Kinji Fukasakus in seiner Heimat heftig umstrittenes Meisterwerk Battle Royale - mit einem überragenden Takeshi Kitano in der Hauptrolle. Der ganz unerwartete Erfolg dieses außerordentlich frisch wirkenden Alterswerks hat übrigens dazu geführt, dass der Altmeister des Yakuza-Films mit jahrzehntelanger Verspätung auch in Deutschland Anerkennung findet, mit einer Retrospektive, die in Wien diesen Monat lief und in Frankfurt (Main) und München noch laufen wird. Zum Gewinner des erstmals ausgeschriebenen Newcomer-Awards bestimmte das Publikum Toshiyaki Toyodas Zweiten Spielfilm (nach Pornostar) Blue Spring, eine High-School-Tragödie mit ganz eigenem Ton.

Sehr interessant programmiert war die Video-Sektion des Festivals: Rücken an Rücken waren hier Embracing, der autobiografisch-dokumentarische Erstling (von 1992) der mit ihren Spielfilmen Suzaku und Hotaru inzwischen auch im Westen zu Ruhm gelangten Regisseurin Naomi Kawase, und der im letzten Jahr entstandene In the Silence of the World zu sehen. Beide beschäftigen sich mit Kawases Vater, den sie nie kennengelernt hatte: der erste Film ist eine sehr poetische Spurensuche auf 16 mm, in immer wieder abschweifenden, sich erst nach und nach zum autobiografischen Porträt fügenden Bildern. In the Silence of the World dagegen entstand, nachdem Kawase vom Tod des Vaters erfahren hat. Er beginnt mit einer Rückschau auf Embracing, auf die Jahre, die seit der einstigen (erfolgreichen) Suche nach dem Vater und die Monate, die seit seinem Tod vergangen sind, ist anrührend in Interviews mit Kawases leiblicher Mutter und ihrer Großtante, die sie an Mutter statt aufgezogen hat, Interviews, denen die dazu geschnittenen Bilder immer wieder davon schweifen. Im letzten Drittel aber konzentriert sich der Film auf einen Besuch Kawases bei einem Tattoo-Künstler: sie will das Tattoo des toten Vaters auf dem eigenen Leib tragen. Hier werden die Minuten lang und man wird das Gefühl nicht los, Zeuge eines etwas irritierenden Exhibitionismus zu sein.

Unter dem Titel Love Cinema lief eine Reihe von gleich fünf Filmen, die die Produzentin Reiko Arakawa in Auftrag gegeben hatte (der sechste, der nicht gezeigt wurde, ist der bei uns bereits im Kino gelaufene Visitor Q von Takashi Miike): gemeinsam ist ihnen das winzige Budget, die digitale Kamera und das Thema der "reinen Liebe". Von den zwei Filmen, die ich gesehen habe, war die Komödie Amen, Somen and Rugger Men! (von Mitsuhiro Mihara) um eine Rugby-Lehrerin an einer Highschool nur infantil und Stake Out (von Tetsuo Shinohara) ein kleines Kammer-Krimi-Meisterwerk. Er erzählt auf dem engsten Raum eines kleinen Appartments von einem Polizisten, der die Wohnung der jungen Frau Sumire als Beobachtungsposten nutzen zu wollen vorgibt, ihr aber bald mit merkwürdigen Andeutungen droht und nach und nach ihr blutiges Geheimnis (auch für den Zuschauer) aufdeckt. Mit außerordentlich beschränkten Mitteln erzielt der Film maximalen Effekt: ein geglücktes Experiment.

Nicht nur zwischen der Hauptreihe Nippon Cinema und der Video-Sektion musste man sich bei der reichhaltigen Auswahl, die das Festival bot, immer wieder entscheiden, auch das Beiprogramm offerierte Verlockendes. In gewisser Weise glücklich war die nicht so gute Idee der Veranstalter, Battle Royale im Saal direkt über dem gleichzeitig stattfindenden Melt-Banana-Konzert zu zeigen: so hatte man, ob man wollte oder nicht, von beiden Veranstaltungen etwas. Dazu gab es - neben Koch- und Origami-Kursen, Partys und Hörspielen - Vorträge, von Jean-Christophe Amman über den Fotografen Araki, auch vom Filmkritiker Tokitoshi Shiota. Letzterer war allerdings ein Totalausfall. Ohne weitere Erläuterungen schob er DVDs ins Gerät, erzählte mit atemberaubender Redundanz von der Herkunft neuerer japanischer Regisseure aus dem Pinku- (also Softporno-) und Original-Video-Bereich, erging sich aber im wesentlichen in der Aufzählung von Titeln und Regisseuren, ohne zu irgend etwas auch nur einen halben erklärenden (geschweige denn analytischen) Gedanken formulieren zu können.

Dennoch: das Programm des Festivals war mit dem Mut zum Risiko zusammengestellt, das Drumherum machte Spaß. Man kann nur hoffen, dass sich die Macher von Nippon Connection - das nach 2000 zum zweiten Mal stattfand - ihren Enthusiasmus bewahren und das Festival vielleicht sogar auf einen jährlichen Rhythmus umstellen können. Eine bessere Gelegenheit, sich mit dem neuen japanischen Kino bekannt zu machen oder die Bekanntschaft zu vertiefen, gibt es in unseren Breitengraden nicht.

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