Schwerpunkt Asien: Zhang Yimou: Hero (China 2002)

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Zhang Yimou: Hero (China 2002)

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Zhang Yimou: Hero (China 2002)
Kritik von Ekkehard Knörer

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zum Asien-Schwerpunkt

Einen enttäuschenden Film nach dem anderen hat der einst so große chinesische Regisseur Zhang Yimou in den letzten Jahren gedreht. Zusehends hat sich die schneidende Schärfe, die seine Meisterwerke „Das rote Kornfeld“ oder "Rote Laterne" auszeichnete, verloren. Yimou begann, mit „Heimweg“ oder dem zuletzt gelaufenen „Happy Times“, läppische Geschichten zu erzählen, die sowohl den Bezug zu den chinesischen Realitäten, den noch „Die Geschichte der Qiu Ju“ besaß, als auch die Wucht seiner großformatigen früheren Werke vermissen ließen. Präzision und Radikalität wurden ersetzt durch politisches Kompromisslertum (egal, was man in „Happy Times“ so alles hineinzulesen bemüht war) und eine Altmännerpoesie, die die Schönheit nur noch um der Schönheit willen feierte.

Auf sein neuestes Werk „Hero“ durfte man nun gespannt sein. Erstmals wagt sich der Kunstfilmer Zhang Yimou ans Martial-Arts-Kino, ermutigt, das sagt er selbst, durch den großen Erfolg von Ang Lees „Tiger and Dragon“. Ein wenig ungewöhnlich ist die genaue historische Situierung seiner Geschichte - zu den Problemen, die er sich damit eingehandelt hat, später. Angesiedelt ist „Hero“ in der Zeit der großen Kriege, die in die brutale Einigung des Reichs unter dem Herrscher von Qin mündeten, der dadurch zum ersten Kaiser von China wurde. Seine Figur ist legendenumwoben, schon Chen Kaiges „Der Kaiser und sein Attentäter“ aus dem Jahr 1998 erzählte von einer dieser Legenden.

Atemberaubend klar ist zunächst einmal die Struktur des Films. Das Zusammentreffen des Schwertkämpfers mit dem schönen Namen „Namenlos“ mit dem König Qin gibt den Rahmen, in den hinein die Vorgeschichte dieser Begegnung erzählt wird. Namenlos hat die drei ärgsten Widersacher des Königs - auch sie tragen schöne Namen: Broken Sword, Flying Snow und Sky - besiegt, zum Beweis hat er ihre Schwerter mitgebracht und darf nun berichten, wie das zuging. Und zwar, als Erweis der Herrschergunst, in beispielloser Nähe zu dessen Thron: ganze zehn Schritte entfernt sitzen sie sich gegenüber, der Kaiser und der Held.

So klar die Struktur, so verschieden, zeigt sich bald, die Versionen der Dinge, die zur Begegnung führten. In Rashomon-Manier bekommen wir Varianten geboten, eine erste, in der Namenlos mit mehr List als Kämpferkunst die Attentäter besiegte. Eine zweite, der Wahrheit näher, die der König vorschlägt. Und zuletzt eine dritte, die endgültige, die wahre, der in den letzten Bildern des Films noch ein Monument errichtet werden wird. Höhepunkte aller drei Geschichten sind, wie könnte es anders sein, die Kampfszenen - atemberaubend alle miteinander. Interessant schon, dass Zhang Yimou nicht in erster Linie auf Schnelligkeit setzt, im Schnitt etwa, sondern auf Verlangsamungen. Meist sind zwischen die Kämpfer und ihre Schwerter Medien geschaltet, Regen etwa, Pfeilhagel oder fallende Blätter, mit der Folge, dass der Raum und die Zeit noch einmal, im Kontakt mit diesen Medien, gedehnt, verschoben und zugleich materialisiert werden. Das Wasser, die Pfeile, die Blätter machen Bewegung sichtbar als Matrix, in die diese hineingezeichnet wird.

Weit konventioneller als dieser Umgang mit Raum und Zeit in der Inszenierung der Kämpfe ist die ästhetische Stilisierung der drei Episoden. Sie werden in jeweils unterschiedliche Farben getaucht, blau, weiß, rot, grün zuletzt, wallende Gewänder und Stoffbahnen, genau geplante Lichtwechsel, all das wirkt ein wenig wie von Robert Wilsons Theater abgeguckt und schrammt, im Verbund mit den großformatigen Landschaften, die sich Yimou aus ganz China zusammengeklaut hat, gelegentlich nur knapp am Kitsch vorbei. Von erhabener Größe ist jedoch der Höhepunkt des Films, ein Kampf auf der Oberfläche eines Bergsees, ein wunderbar choreografiertes Konzert aus Wasser und Bewegung, Schwert und Landschaft, Ton und Bild.

Leider aber ist Yimou die Kunst der Martial Arts nicht genug. "Hero" bietet eine spirituelle Botschaft als Dreingabe - und die läuft, um es kurz zu machen, darauf hinaus, dass der wahre Held den Tyrannen verschont, sein Leben opfert, wenn es um die große nationale Sache geht. Gewiss ist die Rede von Frieden und Gewaltlosigkeit - dies aber bleibt angesichts der historischen Rolle des überaus brutalen Kaisers Quin eine mehr als zweischneidige Angelegenheit. Zhang Yimou beteuert in der Pressekonferenz mehrfach, dass er nicht die Absicht gehabt habe, einen politischen Film zu drehen. So naiv aber kann er nicht wirklich sein - und es ist alles andere als verwunderlich, dass die alten Herren des chinesischen Politbüros auf dieses Werk weitaus beglückter reagiert haben als die Bürgerrechtler. Besonderes Unbehagen bereiten im übrigen die letzten Bilder des Films, entpolitisiert zum Monument opferbereiter Liebe auf der einen Seite. Und die Aufmärsche der herrscherlichen Garde auf den weiten Plätzen des Palasts wecken erst recht ungute Gefühle - die Art, in der Yimou hier die Masse als Ornament inszeniert, ist von Leni Riefenstahl so weit nicht mehr entfernt.

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