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Charles Burnett: Killer of Sheep (USA 1973)

Von Ekkehard Knörer 

Man müsste von einem Sich-Lösen sprechen und einem Haften, einem Mangel an Nahtlosigkeit, einem Riss, der verbindet.

Der Realismus des Charles Burnett ist auf der Suche nach einer Form und er findet sie, suchend, auch und gerade da, wo er sie verfehlt. So gibt es Passagen der Offenheit, minutenlanges Herumgequatsche in einem Zimmer, in dem einer herumliegt, der übel zusammengeschlagen wurde, in dem andere herumsitzen und sich einen Joint anzünden. Eine Offenheit im Narrativen, das Gespräch kreist und stockt, wiederholt sich. Es geht um einen Motor, den Stan und sein Freund kaufen wollen, ein Verkaufsgespräch, aber diese Beschreibung der Szene wird man erst hinterher finden können. Und hinterher wird sich die Szene beschleunigen, ja aufgipfeln zu einer Miniatur der Sinnlosigkeit. Ächzend hieven Stand und sein Freund den schweren Motor die Treppe hinunter und auf die Ladefläche des Pickup hinauf. Sie vergessen die Klappe zu schließen, beim Anfahren fällt der Motor, für den sie 15 Dollar gezahlt haben - es ist viel Geld, für sie - hinunter, auf die Straße. Die beiden springen aus dem Auto, sehen sich das Malheur an. Der Motor ist kaputt. Sie lassen ihn liegen, auf der Straße, sie fahren davon.

Unversehens verdichtet sich hier eine Szene, die nirgendwohin zu führen schien, zur tragikomischen Allegorie der Vergeblichkeit. Es gibt diese Aufschwünge immer wieder in "Killer of Sheep", insbesondere auch in den Passagen, denen sich der Titel verdankt. Stan, der in einer Schlachterei arbeitet, die Schafe zusammentreibt und tötet, ihnen das Fell abzieht. Es ist ein Scheißjob, er hasst ihn. Er wird, zuhause, Anstrengungen unternehmen, zu Akten der Verzweiflung sich aufzuschwingen, zu denen ihm im Grunde die Kraft fehlt. Von Selbstmord sprechen. Sich eine Waffe besorgen. Mit Kriminellen verkehren. Es kommt ihm seine Frau dazwischen, seine Tochter. Nicht dass da Hoffnung wäre, aber doch, mit dem Rest einer Entschlossenheit, dieses Dazwischenkommen. Die Momente des Haftens, in denen sich zusammenschließt, was sonst bewusst aneinander vorbei, auseinander, ins Leere driftet, sind jene, in denen Burnett Musik und Bild verschmilzt. Dem Dokumentarischen, auch dem Zerfallenden im vergehenden Geschehen, das Pathos des musikalischen Klagegesangs entgegenhält. Zur Größe, die das Leben im Ghetto von Watts, L.A. nicht hat, verhilft ex negativo im pathetischen Zusammenhalt von Bild und Musik die Form.

Und dann, nach diesem Verschmelzen, wieder ganz charakteristisch das Sich-Lösen, ja, eine Auflösung. Sie ist auch dem Sprechen der Darsteller gedankt, die keine Profis sind, die sich den Dialog, der vollständig geschrieben ist, aneignen, aber so, dass man merkt, wie sie um eine Natürlichkeit kämpfen, die sie so um ein Haar oft verfehlen. Die Authentizität liegt gerade in diesem Riss, was sich dokumentiert, ist das Ringen um die authentische Darstellung. Auch hier, auf dieser anderen Ebene, kommt es zu Momenten, in denen die Darsteller ganz bei sich scheinen und zu denen werden, die sie verkörpern, in den Situationen, die sie spielen. Dann zerfällt es wieder. Spielende Kinder auf den Straßen, in den Trümmern inszeniert Burnett mit beinahe virtuosem Können. Dann wieder löst sich die Inszenierung auf in den Schein eines bloßen Dabeiseins, das keinen Effekt will und keine Inszenierung. Diese Wechsel geben dem Film einen sehr eigenen Rhythmus, ein An- und Abschwellen, ein Springen vom allegorischen zum dokumentarischen Pol in Nullkommanichts. Man könnte von Uneinheitlichkeit sprechen. Und gewiss ist es die Uneinheitlichkeit des Debüts, des Abschlussfilms, aber die Größe von "Killer of Sheep" macht es aus, dass sich das, im Riss, im Gegeneinander von Haften und Sich-Lösen, zu einer sehr spezifischen Ästhetik der Unfertigkeit entwickelt.

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