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Kamal Amrohi: Mahal (Indien 1949)

Kritik von Ekkehard Knörer 

Ein Mann, der in einem fremden Anwesen, das das seine ist, auf ein Gemälde trifft, das einen Fremden zeigt, der er selbst ist. Er begegnet einem Mythos von zwei Liebenden und die Liebende erscheint ihm als Gespenst auf dem Anwesen, das er ihretwegen nicht mehr verlassen kann. Es muss sein Vater kommen und mit Gewalt ihn in die Arme der Verlobten zwingen, mit der er sich aufmacht in eine Ferne, in die ihm der Gesang der Toten nachhallt – genauer gesagt: Das Ticken und Schlagen der Uhr bringt die Erinnerung. Die Frau verbirgt ihr Gesicht, Schleier hinter Schleiern, auch das Gesicht der Frau, deren Gestalt die tote Geliebte annehmen will, bleibt bis zum Finale verborgen.

Nicht ist, was es scheint und doch liegen im Trug eine tiefe Wahrheit und Unentrinnbarkeit. Der Gesang verfolgt den Helden und uns, als Echo, dringt aus den Tiefen der Studiokulisse, die Trick ist und als Trug fürs Auge doch eine unbezwingliche Gewalt besitzt, die Fantasie des durchschauenden Betrachters gefangen zu nehmen und nicht wieder freizugeben. Man sieht den Faden noch, an dem die Fledermaus zustößt und kein bisschen weniger schauerlich ist sie darum als die reale züngelnde Schlange und die reale Fledermaus kopfüber an einem Ort am Ende der Welt. Was die Welten verknüpft, neben dem Gesang, sind die Omina, die sich von hier nach da ziehen. Der tödliche Messerwurf, die Frauen zuvor, die den Mann, der in anderen Banden gefangen ist, im Tanz nicht in ihren Bann schlagen können.

Kameramann Josef Wirsching – ein Österreicher, der mit Franz Osten nach Indien gekommen war und blieb - erfindet in den Licht-und-Schatten-Kulissen des Studios von Bombay Talkies den deutschen Expressionismus neu. Die Geister, die er ruft, wird der Plot wieder los, mit einer abenteuerlichen Wendung in Richtung Film-Noir-Thriller. Ungeheure Beschleunigung nach der auf Dauer gestellten Melancholie des Vorangegangenen, hin und her geht es zwischen Gericht und Strang und Dead Letter Office. Gift fließt, mehr als ein Schleier wird gelüftet und zuletzt sitzt ein Toter im Raum, die Frau, die er liebt, verlässt das Bild nach hinten, der Freund, der ihn als Freundschaftsdienst ins Unglück gestürzt hat, verläst das Bild nach vorne. Türen schließen sich.

"Mahal" ist ein elegischer Trauergesang, hingegeben an Todessehnsucht und Liebesqual, voller berückender Musik, auf Moll gestimmt, mit Auftritten und Abgängen, die in ihrer traumwandlerischen Weltvergessenheit ihresgleichen kaum kennen. Klassisches Bollywood in Quintessenz.

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