John Ford: Seven Women (USA 1965)

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John Ford: Seven Women (USA 1965)

Gespräch von Michael Gierke und Manfred Bauschulte über Seven Women bei New Filmkritik.

Inhaltsverzeichnis

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John Ford: Seven Women (USA 1965)
Kritik von Ekkehard Knörer

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Eine wilde Jagd durch die Steppe, Bewegung von rechts nach links, das erste Bild. Es wird die letzte rasante Bewegung vor dem Horizont der Wüste bleiben, korrespondieren wird nur eine Abfahrt, am Ende, in eine offene Zukunft hinein, eine Prozession beinahe, Symbolbewegung für die Prozesse, um die es Ford hier geht.

Das zweite Bild: Einfahrt eines Autos in die christliche Mission. (In der chinesischen Steppe, nahe der Mongolei, das sagt der Vorspann.) Es wird die letzte Bewegung von außen nach innen bleiben, der Rest wird die Bewegung hinein in die Mission nur noch als Eindringen eines Äußeren ins Innere beschreiben können. Es geht dabei um Prozesse, die der Fremdkörper im Inneren auslöst, wie eine Infektion, vielleicht tödlich wie die Cholera, jedenfalls - mit einer Ausnahme - bewusstseinsverändernd.

Das dritte Bild. Von rechts nach links schreitet zügig und bestimmt die Leiterin der Mission, um sie herum in den Raum gestaffelt findet sich das Personal wie Staffage. Eve, die unschuldige Lehrerin, die an Gott glaubt und von der Leiterin mit gierigen Blicken und zitternden Handberührungen begehrt wird. Das alte Paar, die Frau, die gebiert, der Mann, der sich zum sinnlosen Heldentod entschließt. Der Film betont das Heldische, nicht das Sinnlose daran, weil er zuvor die Welfremdheit und Wirklichkeitsblindheit des Mannes herausstreicht. Der erste Kontakt mit der Wirklichkeit freilich wird tödlich enden: Ambivalenter Optimismus.

Die Mission ist ein Rückzugsraum, der seine (als scheinhaft sich erweisende) Stabilität der Ausblendung der Realität verdankt. Verkörperung dieses Willens zur Blindheit bleibt, bis zum Schluss, die - betont amerikanische - Leiterin der Mission, die - anders als die anderen - nur einen Prozess der Zerrüttung durchmacht, keinen der Einsicht und Erkenntnis. Drei Infektionen wird es geben. Zuerst Doktor Cartwright, die Frau, die ein Mann sein sollte, die Frau in Männerkleidung, im Männerberuf, mit dem Männerton am Leib, die Frau, die vor dem Mann aus der Zivilisation in die Steppe geflohen ist. Natürlich aber ist sie kein Mann, das ist für die Konstruktion des Ganzen von essenzieller Wichtigkeit. Als Frau nämlich ist sie der Fremdkörper als Ähnliches, das nicht Assimilierbare in zugleich nicht ausgrenzbarer Gestalt. Sie taugt, gerade indem sie all die rigiden Regeln der künstlichen Binnenwelt mit einer Hand- und einer Mundbewegung bricht, zum role model. Und nur als Frau wird sie am Ende alle retten können: nur sich nicht. Die Befreiung der Zivilisation aus den Fesseln der erstickenden Tradition erfordert das heroische Selbstopfer der Frau.

Und den Barbaren. Der Barbar löst gerade in seiner namenlosen Barbarei, das ist der hoch ambivalente Kern der hoch ambivalenten Befreiungserzählung von "Seven Women", den entscheidenden Zivilisationsprozess aus, der einzig eine Zukunft, einen Weg ins Offene ermöglicht - wohin immer er führen mag. Es ist bezeichnend, dass der Indianer dieser Barbar hier nicht mehr sein kann. Es braucht das exotische Gegenbild zur amerikanischen Zivilisation. Dass der imaginierte Kostümmongole da recht kommt, hat mit Rassismus im Grunde nichts zu tun. Der Barbar ist reine Funktion, Katalysator eines Erkenntnisprozesses, der Amerika gilt. Gebrochen wird die tyrannische Anführerin ("you're a small time dictator", sagt Anne Bancroft einmal), aber das ist weiß Gott keine einfache Sache: Sie erfordert den eisernen Willen der zivilisierenden Frau zur Unterwerfung unter die schiere, vergewaltigende Barbarei. Sie wird sterben müssen, als mythische Gründungsfigur, die den Barbaren tötet wie sich selbst, auf dass Amerika eine Zukunft hat, im Wirklichen vor offenem Horizont.

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