Akkurat bis ins Detail folgt "The Iron Horse" der Geschichte
der Transcontinental Railroad. Sagt eine der nicht wenigen Tafeln, diese
gleich zu Beginn, auf denen Sachinformation präsentiert wird. Die
individuelle Geschichte, die der großen Historie sehr umstandslos als
paralleler Strang beigegeben ist, entfaltet sich aus einer eher beiläufigen
Urszene. In einem Dorf treffen drei Männer, der Sohn des einen, die
Tochter des anderen, aufeinander. Der eine, Brandon, träumt von der
Bahn, die Amerika den Fortschritt erschließt. Der andere, Marsh, spottet
über die Träumerei. Der dritte ist Abraham Lincoln. Der Träumer
wird sterben, wenig später, von der Hand eines Weißen unter Indianern,
der später als wichtiger Feind der Bahn auftritt. Sein Sohn Davy jedoch
erreicht das Gelobte Land. Der Spötter wird zum Leiter der
Eisenbahngesellschaft. Seine Tochter Miriam hat sich später für
den lange verschwundenen Davy zu entscheiden. Abraham Lincoln unterschreibt
gegen heftigen Widerstand den Vertrag zur Erschließung des Westens
mit der Eisenbahn.
Der Plot, die Bahn kommen auf recht gerader Linie voran. Der Konflikt der
Konkurrenten um die Liebe Miriams kulminiert an einem Pass durch die Berge,
an dem der Schurke des Stücks (Deroux, der einstige Indianer und jetzige
Landbesitzer) kein Interesse hat. Als sein Handlanger kommt der Ingenieur,
dem Miriam versprochen ist, zu Fall. Ein Kampf Mann gegen Mann im Saloon,
der auch das Gericht ist (a bar of liquor and justice), entscheidet alles.
Für weiteres ist Raum im episch angelegten Film: attackierende Indianer,
eine den Menschen zugetriebene Rinderherde, komische ältere Herren,
Italiener als Söldner, eine Stadt, die sich auflöst, eine Stadt,
die entsteht mit der Verschiebung des "end of track". Die Bahn ist die Sonde
der Zivilisation, an sie angelagert ist menschliches Leben in all seinen
Spielarten.
"The Iron Horse" ist ein Lehrfilm, nicht so sehr in der akkuraten Darstellung
geschichtlicher Vorgänge, vielmehr ein Lehrstück über Dynamik.
Sehr genau weiß John Ford in seinem fünfzigsten Film, was an welche
Stelle gehört. Schnell setzt er nach eher behäbig historiografischem
Tafelbeginn seinen Film unter Dampf und lenkt fortan die verschiedenen Haupt-
und Nebenströme von Action und comic relief, von Romanze und
zwischenmenschlichen Begebnissen anderer Art durch die kommunizierenden
Röhren seiner ratternden Filmmaschine. Am Ende wird ein goldener Nagel
in die Bohlen gehämmert, nach vorne gehen Davy und Miriam aus dem Bild,
besiegeln im Privaten den Zusammenschluss der Stränge des Ostens und
des Westens. Auch hier stellt John Ford die Verhältnisse klar: Das
Individuum, das Geschichte macht, ist Abraham Lincoln. Die anderen werden
in Plots verwickelt, das ergibt den Spielfilm. Die Figuren haben eine Funktion,
die des Helden, die der Heldin, die füllen sie aus. Natürlich steckt
darin auch eine Theorie der Gesellschaft.
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