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Tomu Uchida: The Mad Fox (Japan 1962)

Kritik von Ekkehard Knörer 

Die Kamera fährt eine Schriftrolle entlang, die von der Vorgeschichte erzählt. Die Stimme aus dem Off berichtet, was man dann auch erkennen kann, die Bilder, die von rechts nach links abgefahren werden, fügen sich zur chronologischen Folge eines Geschehens. Ein junger Mann sucht und findet in der japanischen Provinz eine Tochter für den großen Wahrsager, der im Realen des Spielfilms (ha, als gäbe es das hier) bald stirbt. Vor dem Sprung aber, der kein Sprung ist, sondern ein Gleiten über die Farbe Rot, ins Reale, das kein Reales ist, sondern in starren Einstellungen eingefangenes stilisiertes Studio-Setting, vor diesem Sprung geht es noch über aufquellenden Rauch und Feuer auf einen Mond zu, über den ein weißer Regenbogen zieht. Was das bedeutet, das fragt der Kaiser, der weiß, dass es etwas bedeutet. Von der Spaltung des Reichs ist die Rede, vom Unglück des Kronprinzen. Der aber gerät, wie die ganze Haupt- und Staatsaktion des Beginns, binnen kurzem aus dem Blick.

Der Wahrsager wird ermordet, der Kampf um seine Nachfolge entbrennt. Zunächst scheint die Liebesgeschichte zwischen Sasaki und dem Aspiranten Yasuna nichts als ein Insert ins Politische. Mit dem Tod Sasakis jedoch in blutiger Folter springt sie heraus ins Zentrum des Films, der die Liebe ins Große zieht und die Geliebte erst zur Zwillingsschwester verdoppelt, dann zur Gestaltwechslerin verdreifacht. Es beginnt mit einem Gebet am Grabmal der Vorfahren. Das Bild schlägt um vom naturalistischen Settings ins Gelb einer Bühne, eines Traums, einer Vision, des Wahnsinns, in den Yasuna aus Unglück verfallen ist. Gelbes Blütenmeer vor gelbem Hintergrund, dazu spröder Klagegesang. Und dann beginnt sich unvermittelt ein Teil des gelben Blütenmeers zu drehen, wie auf einer Drehbühne (es ist eine Drehbühne, diese Bewegung wird sich wiederholen). Und dann fällt unvermittelt der Hintergrund und wir sind zurück im Realen, nein, falsch, in der naturalistisch nur scheinenden Welt der Vision, des Traums, des Wahnsinns, die medial aufgefaltet, gebrochen, gedoppelt wird.

Yasuna rettet eine alte Frau, die aber ein Fuchs ist. Das zeigt sich (uns, nicht ihm) ein paar Einstellungen später. Eine weiße Gesichstsmaske macht die Füchsin. Als Yasuna selbst fast auf den Tod verwundet wird, pflegt ihn die Tochter der Füchsin, leckt ihm die Wunde und nimmt die Gestalt Sasakis an. Zuvor sieht man die Füchse im wunderbaren Zeichentrick über das Bild huschen, als schwarze Schatten erst, dann als feurige Seelenfünkchen. Yasuna und Sasaki entbrennen in Liebe, die nicht sein darf. Sie richten sich in einer ärmlichen Hütte häuslich ein. Dies aber versetzt Uchida nun ganz explizit auf eine Kabuki-Bühne. Der Vorhang wird aufgezogen, der Hintergrund ist Kulisse, die Hütte Bühnenbild. Das Kind, das die Füchsin und der noch immer im Wahn Gefangene haben, ist Puppe und weint im künstlichen Sirenenton.

Es treten, von links, die Zwillingsschwester auf und der Vater. Sie müssen erkennen, dass es nicht mit rechten Dingen zugeht. Der Schock der Erkenntis wird Yasuna übers Pergament einer Wand vermittelt, auf das die Füchsin in Sasakis Gestalt mit dem Pinsel im Mund in Tusche die Wahrheit schreibt. Dem Schreiben folgt die Kamera, folgt der Blick Yasunas – von jenseits des Pergaments. Aufgetragen wie von Geisterhand werden die Schriftzeichen, man sieht nur den Schatten der Füchsin. Aus dem Off der Gesang eines Mannes, der kommentiert, was geschieht. Dann fliegt die falsche Sasaki davon als weißer Fuchs in den Bühnenhimmel. Ein ungeheurer Moment folgt auf den nächsten. Es fällt, von Schnüren gezogen, das Haus als Kulisse in sich zusammen. Rückkehr in den gelben Zwischenraum des Blütenmeers als Bühne. Marionetten-Schmetterlinge fliegen durch die Luft. Und dann noch eine letzte Einstellung, ein Stein auf der Bühne, die Feuer-Seelenfünkchen und ein letzter Kommentar, der die Moral von der Geschichte präsentiert: Die Liebe ist ein Ding der Unmöglichkeit.

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