Monte Hellmans Film "Two-Lane Blacktop" hat so wenig ein Zentrum
wie er im eigentlichen Sinne einen Plot hat. Er fängt einfach an, mit
einem der Dragster-Rennen, an denen er so gar kein sportives Interesse hat,
und er hört einfach auf, das aber mit einem spektakulären Moment
der Setzung eines Endes. Dazwischen liegt ein Road-Movie. Es gibt Figuren,
Begegnungen, keine Namen. Der Fahrer, der Mechaniker, das Mädchen, GTO.
GTO ist Warren Oates, der sich auf ein Wettrennen einlässt mit den beiden
anderen, von West nach Ost, das Ziel ist die Hauptstadt, dass es nie erreicht
wird, versteht sich von selbst. Kleine Quasi-Geschichten werden als Beifahrer
am Wegesrand aufgelesen, verlieren sich genau dort auch wieder. So etwa gelangt
das Mädchen ohne jede Erläuterung an die jungen Männer, steigt
dann am Ende zu einem anderen jungen Mann, erleichtert ums Reisegepäck
aufs Motorrad, so steigt ein Mann mit Hut in den GTO und verschwindet
kommentarlos wieder am Straßenrand.
Ein Film über Amerika, die Landschaften wechseln, aber es
gibt keine Großstädte in Two-Lane Blacktop. Die Verlorenheit
der Figuren hat mit der Weite zu tun, die aber das Gegenteil von Offenheit
scheint: die Orte, die Räume, die Diner, die Tankstellen wechseln, aber
die Situation bleibt immer die gleiche. Es gibt nur einen Zustand, das wird
mehrfach, halb ironisch, formuliert: "passing through". Nichts weiter gibt
es zu erfahren über die Figuren; Warren Oates erzählt seinen Beifahrern
immer absurdere Motive für seine Fahrt, eine Biografie ergibt das nicht.
Der Zustand des "Passing Through" ist zugleich seltsam vorsozial: Erfahrung,
die zur Geschichte werden könnte, findet nicht statt. Aus der Begegnung
folgt nichts, das Mädchen wechselt die Autos und die Fahrer, eine
Annäherung bedeutet das nicht, mehr als Sex, von dem nicht mehr die
Rede sein, von dem keine Spur bleiben wird, gibt es nicht. So ist, neben
dem Totalausfall von Vergangenheit, auch jede mögliche Zukunft nur
scheinhaft, das telos der Rennfahrt, die immer wieder darauf hinausläuft,
dass man sich, als das, was man hat, doch nicht aus dem Blick verlieren,
mögliche Vorteile nicht nutzen will, ist nicht mehr als ein schlechter
Witz.
All das klingt vage nach Existentialismus, nach Camus vielleicht,
nach Beckett sogar, Deutungen oder Sinnrichtungsangaben irgendeiner Art aber
forciert der Film, der eher die eigene Absichtslosigkeit bekunden zu wollen
scheint, nicht. Keine Gesellschaftskritik, die Ähnlichkeit mit
Zabriskie Point oder Easy Rider erweist sich rasch als
einigermaßen oberflächliche. Ganz stur gibt es immer wieder nur
den Blick der Kamera heraus aus dem Auto, auf die Straße, das
Geräusch der Motoren. Das nächste Dragster-Rennen. Der nächste
Diner. Episoden, die auf keinen Zusammenhang aus sind. Ausfall aller Dramatik:
ausdruckslos die Gesichter. Ein Projekt, halbherzig: dem Mädchen das
Autofahren beibringen, ein kurzer Moment der Irritation. Daraus wird nichts,
das zeigt sich schnell. Die Geschichte um drei Männer und eine Frau,
deren Scheinhaftigkeit eigentlich immer klar war, da ja nicht einmal die
Notwendigkeit bestand, den Figuren Eigennamen zu geben, löst sich, ganz
sprachlos, ganz wie von selbst wieder auf. Es könnte ewig so weiter
gehen. Oder es hört dann einfach auf. Hellmann zeigt den vertrauten
Blick aus dem Auto. Er verlangsamt das Bild, die Haare von James Taylor in
Zeitlupe. Dann, im Moment, in dem alles stillzustehen scheint, in dem die
Kraft verbraucht ist, die Kraft des Weiterfahrens, des Weitererzählens,
löst sich die Repräsentation endgültig in Nichts auf: das
Autodafé eines Films, das Zelluloid schmilzt.
Weitere Kritiken zu Filmen von Monte Hellman:
Monte Hellman: Ride in the
Whirlwind
Monte Hellman: Cockfighter
zur Jump Cut Startseite |