Wenn an Michel Houellebecqs "Elementarteilchen" überhaupt
etwas interessant ist, dann die Wurschtigkeit, mit der er die Romanform Romanform
sein lässt und einfach seinen zu gleichen Teilen kindischen wie
reaktionären Geschlechter- bzw. Geschlechtlichkeits-Philosophie-Sums
cum Klonvision in unvermittelter Abwechslung mit pornografischen Höhe-
und Tiefpunkten auf die Seiten schüttet, ein wenig Kabarett
drüberstreut (chinesisch-deutsche Bedienungsanleitungen, sic!) und zwischen
den ganzen Schrott Figuren setzt mit Biografien, ohne doch im Ernst an ihre
psychologische Schlüssigkeit zu glauben. Manchmal legt er ihnen seine
Traktate einfach so in den Mund und manchmal spricht auch irgendwer (sagen
wir: der Erzähler) und tut SPIEGEL-Titelgeschichtenweisheiten kund.
Zu einer solchen Gleichgültigkeit der Tradition abendländischen
Erzählens gegenüber gehört immerhin Chuzpe.
Es ist unter diesen Voraussetzungen das Gegenteil einer guten Idee, das alles
für die Verfilmung erst mal in der Form radikal zu konventionalisieren.
Also eine Geschichte daraus zu machen mit einer Entwicklung und mit Figuren,
die auf ihre Zusammenhängigkeit hin durchsichtig werden sollen. Daran
müssten auch bessere Darsteller als Moritz Bleibtreu oder Christian
Ulmen gnadenlos scheitern.
Und, oh wie sie scheitern! Und, oh wie erbärmlich dieser Film ist! Nicht
die Spur eines Gedankens für die eventuelle Möglichkeit einer Form,
in der diese Figuren und diese Geschichte irgendwas machen. Muss ja nicht
gleich Sinn sein. Der "Ort der Wandlung", schon im Roman der Anlass zu denkbar
dumpfer Satire, ist nun reiner deutscher 90er-Jahre-Filmkomödien-Horror,
die chinesisch-deutsche Bedienungsanleitung hat selbstverständlich auch
ihren Auftritt.
Verlegt haben Oskar Röhler und sein Mittäter, der große
Nivellator Bernd Eichinger, die Geschichte in die Gegenwart und nach Berlin.
Merken tut man davon nichts, so luftleer und tot hat man filmischen Raum
lange nicht mehr gesehen. Kaum zu glauben, wie brav alles gerät, wie
sehr sich der Film auf der Suche nach einem großen Publikum alles
Pornografische verkneift. Freilich gibt es eine Art ästhetischer
Eindimensionalität und Buchstäblichkeit, die an Stumpfheit alles
Pornografische übertrifft. Davon gibt es in Röhlers "Elementarteilchen"
mehr als genug zu sehen.
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