Jump Cut
Berlinale 2006

Startseite -  Inhaltsverzeichnis - Klassiker - Archiv - Links - Forum - Mail

 Anzeige 

James McTeigue: V for Vendetta (USA 2006)

Von Ekkehard Knörer

Es ist eine Schande, drum gestehe ich's gleich: Ich habe den dem Film zugrundeliegenden Comic-Roman nicht gelesen. In Kenntnis anderer Werke von Alan Moore bin ich von der grundsätzlichen Unverfilmbarkeit seiner Comics allerdings überzeugt: zu beziehungsreich und anspielungsselig, zu literarisch und zu monomanisch ins Material gewühlt sind seine Sachen, oft genug Fußnoten und Appendices inklusive.

Und "V wie Vendetta", als Film genommen, nicht als Verfilmung, macht innerhalb gewisser Grenzen Spaß. Moores Fabel vom in totalitärer Zukunft Britanniens das Regime, mit Hilfe und als genialer Manipulator des Volkes, umstürzenden Mann in Guy-Fawkes-Maske hatte ihre Zeit und ihren Ort und ihren Grund: das Thatcher-Regime, dem Moore in grimmigem Hass verbunden war. Ohne diesen Kontext, um Verschiebung in Gegenwärtiges halbherzig und kaum überzeugend bemüht, hängt diese ganze Geschichte nun mit beträchtlicher Irrelevanz in der Luft.

Es schimmert der Reichtum Moorescher Ideen dennoch durch. Vor allem in der Ambivalenz des Helden, der als Demagoge von Gnaden vorzustellen ist, wenn auch die Wirksamkeit seiner Wirkungen aus dem, was der Film – in Auszügen aus dem Masterplan, wenn ich recht verstehe – hier zeigt, nur bedingt erhellt. Dass es dazu kommt, dass das Volk sich erhebt, geht aus den strategischen Zügen nicht wirklich zwingend hervor.

Dennoch ist der Film als Übung in grimmiger Totalitarismuskritik zwar rundum ein wenig gratis, aber doch von bei Großproduktionen dieser Art längst nicht mehr üblicher Intelligenz. Die Brüder Wachowski, an deren Verstand zu zweifeln doch einiger Anlass bestand, zeigen sich hier mancher Überdeutlichkeit zum Trotz als ordentliche Drehbuch-Handwerker; James McTeigues Regie ist funktional und durchaus angenehm im Herstellen eines gewissen Intimismus und im weitgehenden Verzicht aufs Spektakel.

Es wird daraus keine runde Sache, aber vielleicht ist das auch eine Form von Treue zu Moores graphic novel: Man ahnt, dass dem sehr viel Ausgefeilteres zugrundeliegt und man hat das Gefühl, dass diese Ahnung ausdrücklich zugelassen wird. Der Film, so scheint es, eilt, auf Wesentliches plus Action konzentriert, durch Moores ausuferndes Gedanken-Gebäude und öffnet hier eine Tür und dort auch. Die meisten bleiben zu, aber der Eindruck, sie seien vorhanden, vermittelt sich.

zur Jump Cut Startseite

Suchen
 
Google
Web Jump Cut