Der 16-jährige Jamal Wallace (Rob Brown)
ist anders als seine gleichaltrigen schwarzen Kumpels aus der Bronx. Er ist
nicht nur ein ausgezeichneter Basketballspieler, sondern auch ein heimlicher
Schriftsteller und ein unerkanntes Genie. Bei einer Mutprobe trifft er auf
den legendären William Forrester (Sean Connery), der vor 20 Jahren einen
Meilenstein der Literaturgeschichte schrieb, und seitdem zurückgezogen
und unerkannt in seiner Wohnung haust. Der knurrige Exzentriker ist von Jamals
Talent beeindruckt und wird zu dessen Freund und Mentor. Als Jamal ein Stipendium
auf einer Privatschule in Manhattan bekommt, muss er sich beweisen.
Regisseur Gus Van Sant, eine Ikone des Independentfilms (Mala Noche,
Drugstore Cowboy, My Private Idaho usw.), hat mit diesem Film endgültig
und unwiederbringlich den Schritt zum Mainstream vollzogen. Das hatte sich
schon mit "To Die For" (1995) und 1997 mit dem Oscarprämierten "Good
Will Hunting" angedeutet. Doch hatte Van Sant dort noch ein
außergewöhnliches Drehbuch zur Verfügung, so verlässt
er sich hier auf eine Vorlage, die in ihrer biederen Zahnlosigkeit beunruhigend
seicht daherkommt und sich nicht davor scheut Geburtstagskartentexte mit
Literatur zu verwechseln.
Dabei ist Finding Forrester kein schlechter Film. Das liegt an den
beiden Hauptdarstellern. Sean Connery nicht zu mögen, ist unmöglich.
Wenn seine Augen unter den buschigen Augenbrauen hervorblitzen um im
nächsten Moment gütige Wärme auszustrahlen, dann sieht man
über die melodramatische Lächerlichkeit seiner Figur hinweg und
räkelt sich wohlig im Kinosessel. Wenige Darsteller können neben
dieser Naturgewalt bestehen, umso beeindruckender die Leistung des
tatsächlich 16-jährigen Rob Brown, der ohne jegliche
Schauspielerfahrung von der Straße weggecastet wurde. Die
Abgeklärtheit und innere Ruhe seiner Persönlichkeit, ist genau
das, was den Film vor dem Absturz bewahrt. Und das ist sicher auch Van Sants
Verdienst, der immer wieder jungen Nobodys einen glorreichen Karrierestart
ermöglicht (wir erinnern uns an River Phoenix).
Auch die Nebenrollen sind mit Anna Paquin (als Jamals Romanze) und
dem Rapper Busta Rhymes (Jamals Bruder) hervorragend besetzt. Leider lässt
sie das Buch regelrecht verhungern. Geradezu verzweifelt versucht gerade
Anna Paquin aus diesem Korsett zu entkommen; so während einer Party,
als sie und Jamal sich näherkommen. Vielleicht aber hat F.Murray Abraham
als Bösewicht den Ton am besten getroffen. Der von ihm gegebene Pauker,
Professor Crawford, zieht in seinem verabscheuungswürdigen Bemühen,
Jamal als Hochstapler zu entlarven, eine regelrechte Schleimspur hinter sich
her. Diese schmierige Karikatur passt am besten in ein Märchen. Wundern
sie sich also nicht, wenn demnächst erwachsene Männer aus dem Multiplex
an Ihrer Ecke strömen; mit feuchten Augen und einem wissenden
Lächeln.
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