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BERLINALE 2001

Aktuelle Berichterstattung
von Sascha Rettig

Frank Wellers Tagebuch

Schwarzes Brett: Lesermeinungen


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INTIMACY

Intimität
Frankreich, 2000, 119 min
Regie: Patrice Chéreau
mit Mark Rylance, Kerry Fox, Timothy Spall, Marianne Faithfull

Mittwoch, 14. Feb, 2001 12:30 Uhr Berlinale-Palast
Mittwoch, 14. Feb, 2001 19:30 Uhr Berlinale-Palast
Donnerstag, 15. Feb, 2001 12:00 Uhr Royal Palast
Donnerstag, 15. Feb, 2001 21:00 Uhr Royal Palast
Freitag, 16. Feb, 2001 22:30 Uhr International


Info
Hanif Kureishi über seine Begegnung mit Patrice Chéreau in Paris. (franz.)

"Für gewöhnlich verursachen mir Liebesszenen in Filmen ein heftiges Gefühl der Scham, aber nicht in diesem Film: Die Sex-Szenen sind Patrice wunderbar gelungen, sie sind realistisch, ohne pornografisch zu sein - und das ist etwas sehr Seltenes." Hanif Kureishi

Interview mit Patrice Chéreau (engl.)

"Wir haben den Titel Intimacy (des Romans) beibehalten, aber eigentlich geht es um diese wunderschöne Kurzgeschiche, fünf oder sechs Seiten lang, um einen Mann, der in einem Keller im Süden Londons lebt und eine Sexaffäre mit einer Frau hat, die jeden Mittwoch zu ihm kommt und sie sprechen nicht miteinander, sie haben nur Sex." Patrice Chéreau

JUMP CUT KRITIK von Sascha Rettig
Patrice Chéreaus "Intimacy" mit Mark Rylance und Kerry Fox, sowie Timothy Spall und Marianne Faithfull in den Nebenrollen, basiert auf einem gleichnamigen Kurzroman von Hanif Kureishi und erzählt die Geschichte von Jay und Claire, die zwar nichts voneinander wissen, sich aber jeden Mittwoch treffen, um begierig übereinander herzufallen und Sex zu haben. Erst als Jay versucht, mehr über Claire herauszufinden, entwickelt sich eine Beziehung, die für beide einen sehr schwierigen Verlauf nimmt und auf ein für beide sehr schmerzhaftes Ende zusteuert. Gleich zu Beginn des Filmes, der sehr roh und ruppig daherkommt und an das graue, dreckige und ungeschminkte London erinnert, das man aus Mike-Leigh-Filmen kennt, zeigt Chéreau das Zügellose und Emotionslose in der Sexbeziehung zwischen Jay und Claire. Sehr direkt ist der Sex, den er vorführt, schmeißt die Kamera ins Geschehen und läßt sie beoachten, ohne zu verdecken. Chéreau zeigt viel, mehr als die meisten anderen, schließlich fängt, laut Regisseur, in "Intimacy" der Sex da an, wo er in anderen Filmen aufhört. Es ist Sex ohne Liebe, denn lieben können sich Menschen nur, wenn sie mehr voneinander kennen als nur den Körper des anderen. Durch Jays Drang mehr von Claire erfahren zu wollen, entwickelt sich ein zerstörerischer Sog. Es geht um Wahrheit, Neugier und auch Selbstbetrug. Am Ende gehen Jay und Claire auseinander, werden wieder zu Fremden. Fremde, die um des Wissens über und die Gefühle für den anderen eigentlich keine sein wollen. Mit Gewißheit gehört "Intimacy" zu den preisverdächtigen Filmen dieses Wettbewerbs.

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KRITIKENSPIEGEL

FAZ

taz

SZ

ZEIT

Nach literarischen Vorlagen von Hanif Kureishi verknoten Chéreau und seine Mitautorin Anne-Louise Trividic ihre Figuren in ein kathartisches Ringen, bei dem es keine Gewinner und keine Verlierer geben darf. Kein einladender Film, rabiat in der Direktheit seiner Bilder, heftig ausholend in der Auseinandersetzung - aber ein insistierendes Werk, das bei der Preisvergabe in Erinnerung zu behalten unerläßlich scheint. Hans-Dieter Seidel In "Intimacy" wirken die Liebesszenen wie um eine Leerstelle herum inszeniert. Einzelne Einstellungen (zum Beispiel ein wunderbar melancholischer Blowjob) mögen für sich stehen, doch ansonsten motzt Chéreau seinen Film derart penetrant mit hektischen Schwenks, pathetischen Zeitlupen und existenzialistischen Geigen auf, dass alles gleich bleibend bedeutungsschwanger und damit letztlich auch egal ist. Katja Nicodemus Der Mann folgt der Frau – und von da an komplizieren sich die Dinge. Es kommen Erwartungen, Enttäuschungen hinzu, all jene Schwerkräfte des Lebens, die es der Liebe so schwer machen. Im Falle Chéreaus heißt das auch: all jene theatralischen Situationen, die seine Filme sonst so beschweren. Das ändert aber nichts daran, dass „Intimacy“ von einer Reife, Kühnheit und Intimität eben ist, die selbst „Traffic“ irgendwie steril aussehen lassen. Michael Althen Mit Intimacy hat Patrice Chéreau völlig zu Recht den Wettbewerb der 51. Berlinale gewonnen. Die Feinnervigkeit des Films, dessen energische Handkamera den Figuren ihre Unruhe direkt von der Haut abzulesen oder sie sogar aus der Luft um sie herum aufzuschnappen scheint, reicht über den Film selbst hinaus. Sein Spürsinn und seine Offenheit stehen fast modellhaft für eine Art Kino, das es auf Festivals bald genauso schwer haben mag wie im normalen Filmtheaterbetrieb. Wer aufs Wissen verzichtet zugunsten des Wissenwollens, wird den Zuschauer nie satt machen. Er kann ihn erfüllen. Das kann die reichere Erfahrung sein.  Merten Worthmann

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SCHWARZES BRETT