Termine: Die noch bis zum 8. März, dem internationalen
Frauentag, im Berliner Filmmuseum laufende Ausstellung Die
Kommissarinnen bietet im Januar ein spannendes Rahmenprogramm an: einen
Kurzkrimi-Wettbewerb (Einsendeschluss ist der 4.2.), eine Lesung (Die
kalte Nacht der Kommissarinnen am 14.1. in den Jurten im Forum des
Sony Centers) und ein Diskussionsforum zu Geschlechterrollen im deutschen
Fernsehen mit unter anderem Thea Dorn und Barbara Sichtermann (im
Filmmuseum Berlin/Fernsehmuseum, 1. OG, am 20.1).
Ausstellung: 1978 nahm eine Frau zur besten Sendezeit im deutschen Fernsehen
eine Waffe in die Hand: Schauspielerin Nicole Heesters trat als erste Kommissarin
in drei Folgen des Tatort auf. 26 Jahre nach dem ersten, von
einer Ermittlerin aufgeklärten Kriminalfall boomt das Polizeigewerbe
mit weiblicher Handschrift. Das Filmmuseum am Potsdamer Platz in Berlin widmet
den Frauen in einer verloren gegangenen Männerenklave eine auf 600
Quadratmetern inszenierte Ausstellung: Die Kommissarinnen.
Ein Schuss, ein Schrei, hastige Schritte mit einem Tatort beginnt
der Rundgang. Auf einer hell erleuchteten Glasfläche auf dem Boden markieren
Schilder mit Zahlen einen Mord. Warum haben Sies getan?,
fragt eine Frauenstimme aus dem Lautsprecher. Bei der Spurensuche im deutschen
TV blieben die Männer zum Beispiel Erik Ode als Der
Kommissar, Horst Tappert in Derrick oder Götz George
als Schimanski lange unter sich. Auf drei Bildschirmen
sieht man im nächsten Raum dieser alten Garde der Detektive bei der
Arbeit zu. 1989 brach eine neue Zeit an: Die dritte Tatort-
Kommissarin Lena Odenthal alias Ulrike Folkerts zog als sportliche Amazone
in der Folge Die Neue mit Pfeil und Bogen in die Wohnstuben ein
und ist heute, nach 15 Jahren und 35 Folgen, in dem sonntäglichen
Krimiformat fest verankert.
Aktuell leisten rund 40 Kommissarinnen wie Lena Odenthal Polizeidienst im
Pantoffelkino. Sie ermitteln allein oder im Team von Brandenburg bis zum
Bodensee, leiten die Mordkommission und lassen den Wagen von einem
(männlichen) Assistenten vorfahren. Die Liste der Frauen, die seit 1978
Verbrecher jagen, verzeichnet 119 Namen und liest sich an der Museumswand
wie das Who is Who des deutschen Fernsehens.
Etliche Auszeichnungen in den Vitrinen z.B. der Grimme-Preis für
Hannelore Hoger (Bella Block), ein Bambi-Publikumspreis für
Ulrike Folkerts und der Preis der Ehrenkommissarin der deutschen
Polizeigewerkschaft an Iris Berben (Rosa Roth) belegen
Beliebtheit und Erfolg der Heldinnen.
Die Fotografin Herlinde Koelbl, die 1999 deutsche Politiker in einem Film
und Fotozyklus unter dem Titel Spuren der Macht porträtierte,
nahm für die Berliner Ausstellung 15 der fiktionalen sowie eine
echte Ermittlerin ins Kameravisier. Dabei bedient sie sich der
erkennungsdienstlichen Methode: Sie nahm Handabdrücke, schoss Bilder
wie für eine Verbrecherkartei und ließ den Schauspielerinnen sowie
einer Potsdamer Kriminalhauptkommissarin Raum für persönliche
Inszenierungen.
So spielen unter anderem die Darstellerinnen Eva Mattes (Tatort),
Ann-Kathrin Kramer (Das Duo) und Corinna Harfouch (Blond:
Eva Blond!) auf den großformatigen Schwarzweißporträts
mit und gegen ihre Rolle. Sie halten die Waffe beiläufig hinter dem
Rücken oder nehmen sie entschlossen in beide Hände, stecken sie
erotisch-lässig in den Hosenbund oder halten sie wie eine Opfergabe
mit geschlossenen Augen vor die Brust.
In der sparsam ausgestatteten Ausstellung mit Exponaten wie Kostümen,
Dienstwaffen und -Ausweisen schaut man auf Fernseh-Inseln mit
Sofas und Kissen im größten, kühl in Weiß gehaltenen
Raum einigen Kommissarinnen bei der Ermittlungsarbeit zu. Eine Zeitschiene
an der Wand hält der Fiktion die Realität entgegen: Im gehobenen
Polizeidienst sind Frauen anders als im deutschen Fernsehkrimi
unterrepräsentiert.
DiSo 10 bis 18 Uhr, Do 1020 Uhr; Eintritt 3 Euro. Empfehlenswert:
das Begleitbuch Die Kommissarinnen, Nicolai-Verlag, 24,90 Euro;
Weitere Informationen (auch zum Kurzkrimi-Wettbewerb) unter
http://www.filmmuseum-berlin.de
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