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Jump Cut Filmkritik
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Magazin für Film & Kritik

 
Niko Caro: Whale Rider (Neuseeland 2002)

 

Anbieter: Kinowelt Home Entertainment
VÖ: 24.02.2004 (Verleih), 23.03.2004 (Verkauf)
Regie: Niko Caro
Darsteller: Cliff Curtis, Keisha Castle-Hughes, Rawiri Paratene, Vicky Haughton

Jump-Cut- Kritik zu Whale Rider:

"Es kann nur eine geben, suggeriert der Film von Anfang an, und viele magische Momente weisen auf diese mythische Bestimmung hin. Doch wenn Paikea in der letzten Szene den Ton im Waka, dem Kriegskanu, angibt, fragt man sich ungläubig, wohin die Reise geht. Lebt’s sich so am anderen Ende der Welt?"

 

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DVD-Informationen
Whale Rider (Neuseeland 2002)

"Die Maori-Bewohner des kleinen neuseeländischen Küstenortes Whangara führen ihre Herkunft auf den Urahnen Paikea zurück, der - wie es die Legende besagt - einst auf dem Rücken eines Wales von Hawaii nach Neuseeland kam. Seit über tausend Jahren trägt in jeder Generation ein männlicher Nachfahre des Walreiters diesen Titel und ist Oberhaupt des Stammes. Doch als die Zeit für den neuen Erben kommt, stirbt der Hoffnungsträger bei der Geburt und nur dessen Zwillingsschwester Pai(kea) überlebt. Stammesführer Koro will seine Enkelin nicht als Nachfolgerin akzeptieren und versucht, unter den Jungen des Clans einen Anführer zu finden. Aber das mutige Mädchen lehnt sich gegen überkommene Traditionen auf und kämpft leidenschaftlich um ihre Bestimmung, Anerkennung und die Liebe ihres Großvaters?" (Quelle: Kinowelt)

Mit Whale Rider schuf Regisseurin Niki Caro einen regelrechten Konsensfilm. Die Kritiker der internationalen Festivals überschlugen sich mit Lobeshymnen, die kleine Hauptdarstellerin Keisha Castle-Hughes, die hier erstmals vor die Kamera trat, wurde prompt von der Academy mit einer Nominierung als Beste Hauptdarstellerin bedacht, das internationale Publikum zeigte sich begeistert und dankte es dem Film mit vollen Häusern. Und auch in Deutschland, wo klassische Arthouse-Titel oft strukturbedingt etwas benachteiligt sind, entwickelte sich Whale Rider zum veritablen Achtungserfolg.

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So recht nachvollziehen kann ich diese allgemeine Begeisterung nach der Sichtung jedoch nicht. Unter den Vorgaben eines Märchens und einer Erlösergeschichte mit etwas modernem Anstrich mag Whale Rider vielleicht überzeugen, doch sind die Vorgaben des Films für eine solche Lesart eher spärlich. Denn Whale Rider versteht sich über weite Strecken in der Tat als Problemschilderung mit ganz konkretem sozialen Bezug, wenn das Schicksal der Maori-Kultur in der Moderne beweint und eine Rückkehr zur völkischen Kultur (mit, wie gesagt, etwas modernem Anstrich) als Ausweg gezeichnet wird. Nichts gegen die Bewahrung von Kultur und des Wissens um sie, doch schießt Whale Rider dabei meines Erachtens vor allem gegen Ende etwas zu engagiert übers Ziel hinaus. Da die Kultur und die Geschichte der Maori zumal für Außenstehende nur sehr fragmentarisch und allgemein geschildert werden, geriert sich der Film auch als ganz universell agierender Anwalt anti-modernistischer Ressentiments, der übliche Alltagsprobleme - Frauen rauchen zuviel, der eine verfressene Sohn kifft gerne am Strand, der andere hat seinen Lebensmittelpunkt in Europa gefunden - zu einer Semantik der Degeneration überhöht, die bei genauerer Betrachtung doch eigentlich so recht keine Legitimität zu genießen scheint, vor allem aber keine Rückkehr in völkisch-mythische Gefilde, wie es der sehr um Versöhnung bemühte Schluss suggeriert, nach sich ziehen müsste. Dabei soll nicht angezweifelt werden, dass die Maori in der Realität vermutlich wirklich mit großen sozialen Problemen zu kämpfen haben. Doch wenn dem so ist, so hat Niki Caro die Chance zu einer konkreten Schilderung leider versäumt und sich letztendlich - denn erst in der letzten halben Stunde wird das wirklich konkret - für einen ideologisch dann doch eher zweifelhaften Film entschieden, der sich zudem ein wenig unangenehm linksliberalen Sehnsüchten nach einem oberflächlichen Exotismus fügt. Dass die Dichotomie von Tradition und Moderne, zumal in der Peripherie des internationalen Geschehens, auch ganz anders - vor allem cleverer - zu überwinden ist, hat beispielsweise der thailändische Film Baytong auf der diesjährigen Berlinale unter Beweis gestellt.

Wer den Film dennoch liebt (und das sei natürlich, trotz harscher Worte, unbenommen), kann indes sorglos zur Kinowelt-DVD greifen, die durch eine sorgfältige Aufbereitung besticht. Das Bild erweist sich vor allem auch im Vergleich zur Schweizer Edition des Films als gestochen scharf, rauscharm und ist in kräftigen Farben gehalten. Auch der Ton ist dynamisch und glasklar, wie man es von einem zeitgenössischen Film erwarten darf. Rundum gelungen ist das reichhaltige Zusatzmaterial: Im leider nicht untertitelten, aber trotz eines leichten Akzents gut verständlichen Audiokommentar konzentriert sich Niki Caro vor allem auf eine Schilderung der Produktionsumstände und ihrer künstlerischen Absichten. Auch eine gute Handvoll geschnittener Szenen wurde informativ kommentiert. Sehr schön geraten sind die beiden Featurettes "Behind the Scenes", einem mit einer Lauflänge von knapp 45 Minuten imposanten Making-Of, das auch in der Tat einige interessante Eindrücke von den Dreharbeiten vermittelt, und "Te Waka", einer kürzeren Schilderung der Produktion des mythischen Kanus, dem in Whale Rider eine ganz besondere Rolle zukommt. Eine Galerie mit bildschirmfüllenden Fotografien von den Dreharbeiten und die Videoaufnahmen vom Casting mit Keisha Castle-Hughes runden, neben dem obligatorischen Trailer, diese überzeugende Edition des Films ab, die somit Freunden des Films ohne weiteres empfohlen werden kann.

Technische Details:

Bildformat: 2,35:1 anamorph
Sprachen: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch
Regionalcode: 2

Zusatzmaterial:

Trailer, Fotogalerie, geschnittene Szenen (mit Audiokommentar), Behind the Scenes - Making of, Te Waka - Featurette, Videoproben mit Keisha Castle-Hughes, Audiokommentar von Regisseurin Niko Caro

(Thomas Groh)