Es ist das größte Staudamm-Projekt der Welt, ein
ganzes Tal des Jangtse-Flusses soll dafür geflutet werden. Ökologen
und Geologen warnen seit Jahren von den möglichen Folgen, allein es
hilft nichts. Bis zum Jahr 2009 soll der Staudamm fertig werden. Li Yi-Fans
und Yan Yus Film "Before the Flood" befasst sich mit diesem monströsen
Projekt, jedoch in weiser Beschränkung auf eine einzige Frage: Was bedeutet
es für die Bewohner der alten, am Jangtse gelegenen Stadt Fengjie, die
bereits 2002 umsiedeln müssen in ein neues, aus dem Boden gestampftes
Fengjie?
Berühmt ist das alte Fenjie, das es nicht mehr geben, das vom Erdboden
getilgt wird, nicht zuletzt, weil hier Li Bai (701-762) lebte, einer der
berühmtesten Dichter Chinas. Seiner Poesie wegen ist Fengjie Legende.
"Before the Flood" kann nichts anderes konstatieren als die Abwesenheit aller
Poesie. An ausgewählten Beispielen lässt er sich ein auf die Details
der Umsiedlungsverfahren. Ein alter Mann, der als Besitzer einer Herberge
arbeitet, wird diese verlieren und nicht adäquat ersetzt bekommen. Lange
Minuten sehen wir die von der Bevölkerung nur widerwillig akzeptierte
Lotterie, in der im neuen Fengjie Grund und Boden, Wohnungen und Häuser
durch das Los zugewiesen werden.
Existenzen stehen auf dem Spiel, die großen Schicksale und das riesige
Projekt lösen sich jedoch auf in Gezänk und Streiterei um
Kleinigkeiten. Der Größenwahn der Regierung fährt unter die
Bewohner von Fengjie nicht wie der Zorn Gottes unter die Städte Sodom
und Gomorrha. Die vielen Statuten, die den Anschein eines Rechts, das hier
geschieht, erwecken sollen, verwickeln die Menschen, die immer noch auch
ganz andere, alltägliche Sorgen haben, in ermüdende Kleinkriege.
Die Filmemacher blicken auf das, was sie da erleben und sie kamen,
wie sie sagen, in die Stadt mit der Legende Li Bai im Kopf mit
protokollarischer Nüchternheit. Sie konzentrieren sich auf wenige Personen.
Den Herbergsvater, daneben vor allem um eine anglikanische Kirche und deren
Führungsgremien, die in erster Linie in Streitereien um Geldfragen,
dann um den Abrissauftrag verstrickt sind. Während man argumentiert,
klickt und klackt, vom Film beinahe beiläufig ins Bild gesetzt, der
Rechenschieber. Die große Flut und das Klicken des Rechenschiebers:
So ließe sich der Film resümieren. Ein großes Drama macht
er daraus nicht. Es ist traurig genug, wie es ist. Der Untergang einer Stadt
ist eine hässliche Angelegenheit, so alltäglich wie endgültig.
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