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Steven Spielberg:München (USA 2005)

Von Ekkehard Knörer

Was "München" erzählt, ist sachlich vielfach falsch, lesen wir, bezwiehungsweise erfunden und immerhin behauptet der Film das Gegenteil nicht. Er hat, in den USA vor allem, Anlass geliefert fürs Rechten über den Konflikt zwischen Israel und Palästina, oft auf dem Niveau von Unterkomplexität, das er vorgibt. Manch einem hat es genügt, dass er einem die Botschaft, die er in Szene setzt, nicht einprügelt. Man kann auch andere Ansprüche haben.

Es fragt sich, wozu der Film, als Film, gut sein soll. Was Spielberg will und warum er tut, was er tut. Warum er zum Beispiel ein kleines Mädchen dem Thrill zum Fraß vorwirft, während er zugleich und mit genau diesen Mitteln doch sagen will, dass Gewalt auch Unschuldige treffen kann. Dass die Kinder im Kino nicht sterben, das hat er dann wohl aus jenem Tod eines Kindes gelernt, den Hitchcock für einen Fehler hielt. Nicht in jedem Fall lässt sich von Hitchcock was lernen, jedoch käme Spielberg nie auf die Idee, mal beim Todfeind Godard nachzuschlagen. So scheitert er, weil er dem Genre nicht entgeht, obwohl er die Erfüllung seiner Gesetze mehr als einmal verweigert. dann doch mehr als einmal zu oft wieder nicht. Ein double-bind, ein hin und her und sowohl als auch. Spielberg wäscht sich den Pelz nicht und wird dabei nass.

Vorm durchgezogenen Gerne flieht der Film nach New Hollywood, bzw. bemüht sich um das, was er davon zu erinnern glaubt. Der Thriller mit Schlaghosen. Dazu treibt ihn um eine Idee von Europa, die zunächst vor allem eine Idee von Nicht-Amerika ist. Hauptstadt-Tourismus der anderen Art. Eine schöne Leiche auf holländischem Hausboot, eine Party bei Nacht in Beirut, der Arm des Opfers der Bombe im Deckenventilator. Immerhin gibt es in "München" eine Idee von der Trostlosigkeit des Lichts, im Grünen, am Strand. Die Darsteller von allen Kontinenten zusammengeklaubt. Eric Bana, als Chopper einst ein outriertes Scheusal, wird aus Wut über Unrecht diesmal nicht grün. Zum Gastmahl auf dem Lande laden Michael Lonsdale und Valeria Bruni-Tedeschi und es wird dir warm ums Herz, weil sie es sind.

Wie großartig Michael Lonsdale sich bewegt, sieht man, aber der Film, denkt man, sieht es nicht. Sediert sind alle, alle Darsteller, selbst bei Desplechin zuletzt so großartig hektischen Mathieu Amalric hat Spielberg offenkundig unter schwere Beruhigungsmittel gesetzt, das hat als Darstellungsstil Methode. Schwer trägt das eine und andere Bild an metaphorischer Kraft und macht so das Licht und seine Trostlosigkeit wieder zunichte: das Blut, die Milch, die Patrone. Den lichten Bildern fehlt Farbe wie der Narration das Timing. Mal tickt die Uhr, mal bleibt die Zeit einfach stehen zwischen Hauptstadt, Familie und schweren Zeichen. Für gelegentliche Diskussion über Politik findet sich Raum, es finden sich Dialoge, nur taugen sie nichts. Dass er so grundvernünftig ist, ohne dass diese Vernunft vernünftige Gründe böte, bringt den Film zur Strecke. Als Thriller, als Politfilm, als Balg, der er auch ist: Spielberg mit Botschaft.

Spielberg will, muss einem scheinen, das, was er tut, nur verspricht er sich davon Dinge, die nicht gelingen und schwerlich gelingen können. Man sieht in jedem Bild den guten Willen, nur nicht wozu. Weil Spielberg über die Grenzen dessen, was er kann, hinaus strebt, aber seine Idee von dessen Transzendierung dem Genre hoffnungslos verhaftet bleibt, werden seine Beschränkungen nur umso fühlbarer, sichtbarer, lesbarer. Zuletzt reitet ihn der Teufel. Er setzt, parallel montierend, den Orgasmus und das Töten ins Eins einer Ekstase. Es reitet Spielberg der Teufel einer Idee von Kunst, die er will, ohne mehr zu wagen als er versteht.

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