Nur im Spiegel: Athieh (die Zukunft), die der Kameramann und
Kinovorführer, der Charlie Chaplin gleicht, zurücklässt, als
er aufbricht, in die Vergangenheit, zu den Anfängen des Kinos. Er ist
am Hof des Schahs und rasch findet er seinen Kopf unter die Guillotine
gezwängt, der er ums Haar nur entkommt. Darauf entläuft oder entspringt
oder ganz genau gesagt: fällt an einem Seil vom Berg aus einem frühen
Film eine schöne Frau, in die der Schah sich verliebt. Sie will fliehen,
aber es gelingt nicht. Sie wird in den Harem eingereiht, wo die Konkurrentinnen
sie eifersüchtig beäugen.
Dies bleibt nicht der einzige Fall oder Sprung. Zwischen den Bildern der
Filmgeschichte und den Bildern der Geschichte dieses Films herrscht ein
osmotisches Verhältnis. Ein dicklicher Berater vom Hofe des Schahs hilft
einer alten Frau aus einem alten Film beim Einfädeln einer Nadel. Die
Grenze zwischen Wirklichkeit und Fantasie ist fiktiv aufgehoben, die
schwarz-weißen Bilder von Makhmalbafs Film üben die Mimikry an
der schwarz-weißen Filmgeschichte des iranischen Kinos. Die Tricks
sind so alt wie diese selbst. Das Rückwärtsspielen, die
Geistererscheinung. Dazu der Slapstick, der über den etwas
schwerfälligen Anfang siegt. Die Dinge beschleunigen sich, bis zur Raserei,
zur Bilderflucht.
Zuletzt dann der Übergang in den Farbfilm. Hier nun keine Osmose mehr
zum Fiktionsgeschehen, nur noch Bilder, aneinander, ineinander. Makhmalbaf
zitiert, Beyzaie, Kiarostami (Schlussbild), Mehruji, immer wieder auch sich
selbst. Sein Radfahrer kurbelt zwischendurch mal an der Vorführkamera,
noch ein Entsprungener. Viel Bleibendes und Gültiges findet sich nicht
im Wirbel, den Makhmalbaf entfacht, das Potpourri rettet sich nur durch schieres
Tempo über die Distanz. Und wie alles Ausschnitthafte, das in seinen
Ausschnitthaften überzeugender ist als im neu arrangierenden
Zusammenschnitt, macht es vor allem Lust auf mehr.
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