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Stolz und Vorurteil

Von Ulrike Mattern 

Der Liebesreigen ist eröffnet: „Stolz und Vorurteil”, Jane Austens romantischer Klassiker der Weltliteratur, wurde neu verfilmt.

Eigentlich möchte man sofort ketzerisch anmerken, dass zu diesem Thema bereits alles gesagt, sowohl im Kino als auch im Fernsehen gezeigt wurde. Mehrfach wurde der geistreiche, aber stets kreuzbrav aufbereitete Erzählstoff der „Urmutter” aller gefühlsreichen Komödien verfilmt. Ab 1938 erfüllte die BBC ihren Bildungsauftrag und ließ die nach begüterten Männern für ihre fünf Töchter spähende Mutter Bennet aus „Stolz und Vorurteil” zum ersten Mal in Serie über die Bildschirme englischer Haushalte ziehen.

1940 wurde der Roman, den die 1775 in Hampshire geborene Pfarrerstochter Austen im Jahre 1813 anonym veröffentlichte, von Hollywood für die Leinwand adaptiert. Die Hauptrolle des stoffeligen Mr. Darcy, der über die sozialen Verhältnisse in der Familie Bennet die Nase rümpft, übernahm Laurence Olivier. Dieser hatte zuvor als zwielichtiger Held in der Umsetzung von zwei Romanen fürs Kino überzeugt – 1939 in „Sturmhöhe” von Emily Bronte, 1940 in „Rebecca” von Daphne du Maurier.

Als ein „Straßenfeger” mit internationaler Reputation entpuppte sich der Mehrteiler „Stolz und Vorurteil”, den Simon Langton 1995 für die BBC drehte. Schauspieler Colin Firth wurde über die Landesgrenzen hinaus für weibliche Fans in seiner Darstellung von Mr. Darcy zur ultimativen Verkörperung eines gefühlsbetonten Männer-Ideals. Jennifer Ehle verkörperte den bissigen Gegenpart Elizabeth Bennet. Ihr schnelles Urteil über den „stolzesten und unangenehmsten Mann” (so beschreibt ihn Austen im Roman) muss die mit ihren Gefühlen ringende zweitälteste Tochter im Verlauf der fünfstündigen Handlung revidieren.

Es waren also ziemlich große Fußstapfen, welche die Hauptdarsteller der aktuellen englischen Produktion von „Stolz und Vorurteil” mit ihrer Interpretation dieser hinreißenden Liebesgeschichte ausfüllen mussten. Der Zweifel, dass ihnen das gelingen könnte, schwindet in den ersten Filmminuten. Keira Knightley („Fluch der Karibik”) und der bei uns eher unbekannte Matthew Macfadyen („Enigma”) geben ein überzeugendes Paar ab, das sich nicht oft genug seiner Abneigung versichern kann und sich doch mit Blicken sowie Gesten anzieht. Regisseur Joe Wright inszeniert die alte Story mit modernem Touch: Bei ihm wirkt der traditionelle Ballsaal wie eine „Dorfdisco”; Elizabeths Vorliebe für lange Spaziergänge – Jane Austen beschreibt sie als „gut zu Fuß” – bekommt neue Outdoor-Qualität, überhaupt rennt dort fast jede mal aufgeregt, mit gerafften Röcken durch den Schlamm, vor sich eine Herde schnatternder Gänse. So kann man sich entspannt zurücklehnen und dem Spiel exzellenter Darsteller wie Donald Sutherland, Brenda Blethyn und Dame Judi Dench in der Kulisse nobler englischer Herrenhäuser zuschauen.

Zu den Verfilmungen der Romane von Jane Austen finden Sie auch einen Artikel von Ulrike Mattern in der Zeitschrift epd film.

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